Ist Fleisch tatsächlich so schlimm wie Rauchen? Nicht wirklich!
Dieser Artikel wurde zuerst auf paleolowcarb.de veröffentlicht
Alle Jahre wieder, fast wie das Christkind, kommt eine „Fleisch verursacht Krebs“ Studie heraus und jedes Mal werden die Ergebnisse von den großen Medien verdreht. Das sich bereits viele gute Leute der aktuellen Studie angenommen haben, diese aber fast ausschließlich auf Englisch sind, dachte ich mir, ich fasse die wichtigsten Aussagen zusammen.
Zur Vorgeschichte, am 26. Oktober hat die WHO „rotes Fleisch als möglicherweise krebserregend“ und „verarbeitetes Fleisch als krebserregend“ eingestuft. Diese Beurteilung von rotem Fleisch basiert auf einer Studie der International Agency for Research on Cancer (IARC) die ihre Erkenntnisse im Lancet Oncology veröffentlicht haben.
Der Titel der Studie „Carcinogenicity of consumption of red and processed meat”. Nur um der allgemeinen Verwirrung vorzubeugen und für den Leser, der hier stoppt und sich nicht durch die restliche Argumentation kämpfen möchte.
Hier ein Zitat direkt aus der Studie:
[…] since no clear association [red meat and cancer] was seen in several of the high quality studies and residual confounding from other diet and lifestyle risk is difficult to exclude. The Working Group concluded that there is limited evidence in human beings for the carcinogenicity of the consumption of red meat […]
Da kein eindeutiger Zusammenhang zwischen rotem Fleisch und Krebs in einigen der hoch qualitativen Studien gesehen werden konnte und andere Ernährungs- und Lebenstilfaktoren nur schwer auszuschließen sind, kommt die Arbeitsgruppe zu folgendem Ergebnis: Die Hinweise, dass rotes Fleisch für Menschen krebserregend ist, sind äußerst limitiert.
Nun zu den Details
Besagte Arbeitsgruppe fasste die Daten von 800 epidemiologischen Studien zusammen um einen möglichen Zusammenhang zwischen rotem Fleisch, verarbeiteten Fleischprodukten und Krebs (in besondere Darmkrebs) zu erkennen. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass es eine Verbindung zwischen verarbeiteten Fleischprodukten, aber nicht frischem rotem Fleisch gibt.
Einer der Autoren der Studie, Dominik D. Alexander sagt:
“The state of the epidemiologic science on red meat consumption and CRC is best described in terms of weak associations, heterogeneity, an inability to disentangle effects from other dietary and lifestyle factors, lack of a clear dose-response effect, and weakening evidence over time.”
Relatives Risiko vs. Absolutes Risiko
Die Schlagzeile des Guardian “Processed meats rank alongside smoking as cancer causes—WHO”, missinterpretiert die Schlussfolgerung der IARC. Dazu muss man wissen, wie die Einteilung der WHO funktioniert.
Die International Agency for Research on Cancer der WHO beurteilt nur, ob eine bestimmte Substanz krebserregend ist, nicht aber um welchen Faktor das Risiko erhöht wird an Krebs zu erkranken.
Alfred Neugut, Onkologe und Epidemiologe an der Columbia Univerity sagt dazu:
Rauchen erhöht das relative Risiko für Lungenkrebs um 2500%, zwei Scheiben Speck pro Tag erhöhen das relative Risiko für Darmkrebs um 17%. Beachtet man die Häufigkeit mit der Darmkrebs auftritt, erhöht sich das tatsächliche Risiko an Darmkrebs zu erkranken von 5 auf 6%.
“The scientific evidence linking both processed meat and tobacco to certain types of cancer is strong. In that sense, both are carcinogens. But smoking increases your relative risk of lung cancer by 2,500 percent; eating two slices of bacon a day increases your relative risk for colorectal cancer by 18 percent. Given the frequency of colorectal cancer, that means your risk of getting colorectal cancer over your life goes from about 5 percent to 6 percent. If this is the level of risk you’re running your life on, then you don’t really have much to worry about,”
Also, es macht sicherlich Sinn weniger Salami, Speck und Würstel zu essen, aber gleich alles Fleisch zu verteufeln, dazu reicht die Datenlage definitiv nicht aus.
Die IARC ist eine Gruppe von Wissenschaftlern, die versucht Gefahrenquellen zu erkennen.
Substanzen werden in 5 Gruppen eingeteilt:
Gruppe 1: Krebserregend
Gruppe 2 A: wahrscheinlich krebserregend
Gruppe 2 B: möglicherweise krebserregend
Gruppe 3: nicht klassifizierbar
Gruppe 4: wahrscheinlich nicht krebserregend
In der Gruppe 1 finden wir Tabak, verarbeitetes rotes Fleisch, Asbest, aber auch Alkohol und Sonnenlicht (!!).
Was die IARC nicht macht, ist Risikobewertung. Also wie schaut die Tatsächliche Belastung für Menschen in ihrer normalen Umwelt aus.
Casey Dunlop von Cancer Research UK sagt dazu:
„17 per cent’ sounds like a fairly big number – but this is a ‘relative’ risk, so let’s put it into perspective, and convert it to absolute numbers. Remember these are all ball-park figures – everyone’s risk will be different as there are many different factors at play.
We know that, out of every 1000 people in the UK, about 61 will develop bowel cancer at some point in their lives. Those who eat the lowest amount of processed meat are likely to have a lower lifetime risk than the rest of the population (about 56 cases per 1000 low meat-eaters).
If this is correct, the WCRF’s analysis suggests that, among 1000 people who eat the most processed meat, you’d expect 66 to develop bowel cancer at some point in their lives – 10 more than the group who eat the least processed meat.
In Großbritannien, von 1000 Menschen, werden ca. 61 an Darmkrebs erkranken. Bei Menschen die weniger Fleisch essen erkranken 56 von 1000. Sind die Annahmen des World Cancer Research Fund (WCRF) richtig, so würden von 1000 Viel-Fleisch-Essern, 66 Personen erkranken – gerade einmal 10 Personen mehr, als in der Wenig-Fleisch-Gruppe.
Casey Dunlop zitiert auch Professor David Phillips vom King’s College London, einem Experte auf dem Gebiet der Kanzerogene. Er sagt: „Um die Aussage der IARC in ein Verhältnis zu bringen, möchte ich den Vergleich mit einer Bananenschale machen. Die Bananenschale kann definitiv einen Unfall verursachen, in der Realität passiert das aber relativ selten. Das Verletzungsrisiko, wenn man auf einer Bananenschale ausrutscht, ist grundsätzlich gleich groß, wie das bei einem Autounfall. In einem Beurteilungssystem wie dem der IARC würden daher „Bananenschalen“ und „Autos“ in dieselbe Gefahrenkategorie fallen.“
“To take an analogy, think of banana skins,” Phillips says, “They definitely can cause accidents, but in practice this doesn’t happen very often. And the sort of harm you can come to from slipping on a banana skin isn’t generally as severe as, say, being in a car accident.”
“But under a hazard identification system like IARC’s, ‘banana skins’ and ‘cars’ would come under the same category.”
Zu guter Letzt kann man sagen, dass der Vergleich zwischem verarbeitetem rotem Fleisch und Rauchen, doch weit hergeholt ist und aus einem Unverständnis der Risikokategorien der IARC entstanden ist.
Geht man davon aus dass verarbeitetes rotes Fleisch krebserregend ist und sieht man sich die Zahlen für das Rauchen in Relation dazu an, dann sieht man, dass 86% aller Lungenkrebserkrankungen durch Rauchen verursacht werden und nur 21% aller Darmkrebserkrankungen durch den Verzehr von großen Mengen verarbeitetem Fleisch. Was wiederum heißt, dass 20% ALLER Krebserkrankungen durch Rauchen verursacht wird und nur 3% aller Krebserkrankungen durch verarbeitetes Fleisch. Würde niemand mehr rauchen, hätten wir in England alleine 64 500 weniger Krebserkrankungen
Zusammengefasst aus folgenden Beiträgen
http://nerdist.com/dont-panic-understanding-the-link-between-processed-meat-and-cancer/
http://scienceblog.cancerresearchuk.org/2015/10/26/processed-meat-and-cancer-what-you-need-to-know/
http://www.wired.com/2015/10/who-does-bacon-cause-cancer-sort-of-but-not-really/
http://www.zoeharcombe.com/2015/10/world-health-organisation-meat-cancer/
http://www.thepaleomom.com/2015/08/the-link-between-meat-and-cancer.html
http://suppversity.blogspot.de/2015/05/fresh-red-meat-acquitted.html
Original Artikel
Alexander, Dominik D., et al. „Red Meat and Colorectal Cancer: A Quantitative Update on the State of the Epidemiologic Science.“ Journal of the American College of Nutrition ahead-of-print (2015): 1-23.
http://www.thelancet.com/journals/lanonc/article/PIIS1470-2045(15)00444-1/fulltext
http://www.theguardian.com/lifeandstyle/2015/oct/26/processed-meats-pose-same-cancer-risk-as-smoking-and-asbestos-reports-say
Vielen herzlichen Dank für diesen sehr informativen Artikel, Julia Tulipan. Sie ist seit einem Monat Mitglied des Redaktionsteams vom Low Carb – LCHF Magazin und Dozentin an der LCHF Akademie.
Bücher
www.LCHF-Deutschland.de
fitoru 18. November 2019
Nice read! Thanks for the information.More power to your blogging career