Sonnenstrahlen für deine Zähne
Parodontitis, Karies, empfindliche Zahnhälse usw. wer hat noch nicht davon gehört oder war/ist selbst betroffen? Dass zu viel Zucker schlecht für die Zähne ist, wissen die meisten – aber das Vitamin D für Zähne und Zahnfleisch besonders wichtig ist, wissen nur wenige. Daher ist es von enormer Bedeutung, dass Vitamin D in die Zahnarztpraxis Einzug hält. Unsere Kollegin und Dentalexpertin Birgit Stalla stellt den Artikel „Sonnenstrahlen für deine Zähne“ unseren Leserinnen und Lesern zur Verfügung.
Sonnenstrahlen für deine Zähne
In nur 15 Minuten das Sonnenhormon bestimmen
von Dentalhygienikerin Birgit Stalla
Was bedeutet Vitamin D in der Zahnarztpraxis
Als Dentalhygienikerin mit Leib und Seele frage ich mich manchmal: „Warum ist der Behandlungserfolg bei manchen Patienten trotz guter häuslicher Mundhygiene und regelmäßiger professioneller Betreuung nicht so optimal?“
Mir schien ein kleiner Baustein zu fehlen und so bin ich auf Vitamin D gestoßen.
Vitamin D ist nichts neues, schon seit vielen Jahren weiß man um die Bedeutung für Knochen und Zähne. Heute gibt es die Möglichkeit mit Chair-Side-Tests in nur 15 Minuten den Vitamin D-Spiegel direkt in der Praxis zu testen.
Allgemein glaubt man ja, dass Vitamine mit der Nahrung zugeführt werden müssen um damit ausreichend versorgt zu sein. Deshalb werden die Vitamine auch eher der Ernährungswissenschaft zugeordnet, nicht der Medizin. Auch Vitamin D wurde zunächst so eingestuft, dass man ausreichend Vitamin D über die Nahrung zuführen kann.
Über die Ernährung, z. Bsp. Seefisch, frische Eier, Avocados, Champignons können wir lediglich 10 – 20 % unseres Vitamin D-Bedarfs decken. 80% des Bedarfs produziert unser Körper mithilfe von UV-B-Strahlen selbst. Deshalb wird Vitamin D auch den Hormonen zugeschrieben, weil unser Körper selbst in der Lage ist es zu bilden.
Heute weiß man, dass es sich bei diesem Vitamin in Wirklichkeit um ein sogenanntes Steroidhormon handelt. Das Hormon Vitamin D ist nämlich ebenso wichtig wie unsere Sexualhormone, die unser gesamtes Leben und deren Fortbestehen sichern.
Es steuert die Regulation und den Zugriff auf unsere Genaktivitiät und haben wir zu wenig davon, dann werden wichtige Gene ganz einfach vermindert aktiviert. Da wir dieses Vitamin-Hormon mithilfe der Sonne selbst herstellen können, sind in den Wintermonaten unsere Vitamin D-Speicher leer und die Symptome, wie grippale Infekte etc. einfach nicht mehr zu übersehen denn die Sonne haben wir schon lange nicht mehr gesehen.
Ab Oktober ist in unseren Breitengraden eine Vitamin D-Produktion über die Haut nicht mehr möglich. Das heißt, im Februar sind unsere Vitamin D-Speicher meistens leer und dann beginnen die Krankheiten zu sprießen. Denn nur in den Monaten April bis September reicht die Sonnenintensität aus damit wir Vitamin D bilden können. In diesen Frühling-Sommer-Monaten müssen wir uns täglich in der Mittagszeit etwa 15 Minuten ein Sonnenbad gönnen. Möglichst wenig bekleidet und ohne starkes Sonnenschutzmittel, da diese die Produktion verhindern.
Also beginne bitte schon einmal im April einen körpereigenen Sonnenschutz aufzubauen. Der so gebildete Vorrat reicht dann längstens bis November und dann fängt schon das Immunsystem an, das du aufgebaut hast, nicht mehr richtig zu arbeiten. Denn das Vitamin D ist absolut notwendig, damit das Immunsystem richtig aktiv wird.
Was hat Vitamin D mit unseren Erkrankungen zu tun, um die wir uns täglich in der Zahnarztpraxis kümmern?
Parodontitis wird als chronisch bakterielle Entzündung definiert, die Weich- und knöchernes Hartgewebe angreifet und so letztendlich zum Attachmentverlust führt. So konnte in Longitudinalstudien festgestellt werden, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel im Körper mit einer erhöhten Rate an Zahnfleischentzündungen und mit dem Verlust von parodontalem Gewebe vergesellschaftet ist.
Eine ausreichende Immunfunktion und Knochenbildungsfähigkeit ist selbstverständlich auch mit dem Erfolg einer Parodontitistherapie assoziiert. Analog konnte ein solcher Zusammenhang zwischen Vitamin D-Zufuhr und Gewinn von Attachment und Reduktion der Sondierungstiefen bestätigt werden. Die Beziehung zwischen Vitamin D-Gabe und Parodontitis wird vor allem auf den antiinflammatorischen Effekt von Vitamin D zurückgeführt.
Vitamin D ist der Steuermann der Autoimmuntoleranz. Es sorgt für ein gesundes Gleichgewicht und reduziert somit die überschießende Immunantwort bei einer Parodontitis durch Hemmung der Osteoklasten und Aktivierung der Osteoblasten. Dadurch haben wir eine antientzündliche Wirkung auf das Zahnfleisch und den Zahnhalteapparat.
Ein direkter Effekt des Sonnenlichts auf die Verringerung des Risikos parodontaler Erkrankungen wurde in einer norwegischen Studie (1) demonstriert, bei der eine enge Beziehung zwischen Zahnverlust und dem Breitengrad gefunden wurde. So verloren nur 11 Prozent dem im Süden lebenden Menschen Zähne, 43 Prozent waren es in der Zentralregion und 66 Prozent im Norden Norwegens.
Vitamin D3-Cholecalciferol, spielt neben der antiinflammatorischen Wirkung, eine wesentliche Rolle in der Resorption von Calcium und Phosphat aus dem Darm. (3)
Karies und MIH (Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation) sind die aktuellen Herausforderungen in der Praxis. (2)
Gerade diese Mineralien, Calcium und Phosphat, sind von besonderer Bedeutung beim Einbau in den Knochen und den Remineralisationsprozessen für Zahnschmelz und Dentin. Aus Sicht der Zahnmedizin ist das natürlich hochinteressant, da die Zahnhartsubstanzen und der Alveolarknochen selbst zum Großteil aus Calciumverbindungen bestehen.
Eine Studie mit Vorschulkindern ergab zudem, dass kariesfreie Kinder etwa doppelt so hohe 25(OH)D-Konzentrationen aufwiesen wie Kinder mit schwerer Karies. (2)
Was bedeutet Vitamin D-Mangel für unseren Körper?
Ein Vitamin D Mangel führt nach und nach zum Herunterfahren vieler wichtiger Funktionen des voll aktiven Körpers. Ein zu geringer Vitamin-D-Spiegel senkt die Leistungsfähigkeit, die Stresstoleranz und Widerstandskraft und hat negative Auswirkungen auf unsere Psyche.
Wie testen wir unsere Patienten?
In Zusammenarbeit mit den Zahnärzten führe ich als Dentalhygienikerin und zertifizierter Vitamin-D-Coach und Berater die Tests an unseren Patienten durch. Getestet wird das Speicher- oder Transport-Vitamin-D (Calcidiol). Dafür braucht es nur einen Tropfen Kapillar-Blut aus dem Finger, das tut überhaupt nicht weh. Zusätzlich benötigen wir einen VHC Reader, das ist ein mobiles handliches Messgerät. Weiterhin braucht es die dazu gehörigen Testkitts und Verbrauchsmaterialien, wie Lanzette und Alkoholtupfer. Nach nur 15 Minuten haben wir das Testergebnis.
Anhand des Testergebnisses können wir direkt erkennen, ob aktuell ein Vitamin D-Mangel vorliegt.
Was berichten unsere Patienten?
Eins möchte ich gleich vorweg erzählen:
Das Feedback ist nur positiv, unsere Patienten sind begeistert. Begeistert, dass wir uns dem Thema Vitamin D angenommen haben und uns damit von anderen Zahnarztpraxen abheben. Vielen ist die Wichtigkeit des Vitamin D für einen vitalen Körper bewusst, aber sich darum kümmern machen die wenigsten, weil sie nicht wissen, wie es richtig geht. Jeder unserer Patienten ist wissbegierig und neugierig auf sein Ergebnis. Sie sprechen uns von allein an in drei Monaten den Test zu wiederholen, um sich ihren Erfolg bestätigen zu lassen. Was das für die Bindung an unsere Praxis bedeutet, brauche ich fast nicht zu erklären.
Über den Tellerrand hinaus schauen lohnt sich:
Unsere Patienten strahlen, weil sie mehr Energie haben. Endlich stellt sich der gewünschte Behandlungserfolg ein. Die Parodontitis ist endlich inaktiv und somit keine sichtbaren Entzündungen mehr. Das Implantat ist gut eingewachsen und unser kleiner MIH Patient hat weniger empfindliche Zähne.
Unsere Testungen zeigen mir täglich, wie wichtig sie sind. Es besteht ein sehr großer Handlungsbedarf, da die meisten Patienten unterversorgt sind und einige sogar im grenzwertig niedrigen Bereich.
Vitamin D ist bestimmt kein Wundermittel. Es ist ein Instrument im gesamten Orchester der Mikronährstoffe. Wenn ein Instrument fehlt, kann das aber musikalisch (oder eben gesundheitlich) schon was ausmachen.
Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, mein Wissen und meine Erfahrung aus der Praxis weiterzugeben, an die Kolleginnen, die mehr wissen möchten.
Über meine VitaminDental-Akademie möchte ich dir zeigen, wie du die Vitamin D-Testung in den Praxisalltag integrieren kannst. Vom Wissen über Vitamin D, die Testung, Auswertung, Empfehlungen und Abrechnung. Ich biete Webinare und Präzenzkurse an.
In Kooperation mit der LCHF Deutschland Akademie biete ich die Ausbildung zum zertifizierten VitaminDental-Coach, unter der wissenschaftlichen Leitung von Professor Dr. Spitz, an.
Kontakt:
Birgit Stalla, Dentalhygienikerin
Zertifizierter Vitamin-D-Coach
VitaminDental-Akademie
info@vitamindental-akademie.de
birgitstalla@vitamindental-akademie.de
http://vitamindental-akademie.de
Bilder: Canva
- Henriksen, B. (2003). Mundgesundheit bei älteren Menschen in Norwegen. Eine deskritive epidemiologische Studie. Delle. J. Suppl. , S. 1 – 56.
- Schroth RJ, R. R. (Februar 2016). Vitamin D. Zahnkaries bei Kindern. J Dent Res. , S. 95 (2):173-179.
- Uwitonza Anna Maria, D. o., & J. (Januar 2018 ). Auswirkungen des Vitamin-D-Status auf die Mundgesundheit. Das Journal of Steroid Biochemistry and Molecular Biology, S. 190-194.
Gnubbel 11. April 2024
Ja, mein Zahnarzt weiß mittlerweile, dass er mit dem Vitamin D bei mir offene Türen einrennt, nicht nur, weil sich der Zustand meiner Zähne und des gesamten Halteapparats, seit ich die Tropfen täglich nehme, massiv verbessert hat. Was ich aber immer wieder vermisse, ist der Hinweis darauf, dass Vitamin D allein nur eine begrenzte Wirkung hat und in größeren Mengen (wobei ich nicht von den hierzulande empfohlenen homöopathischen Dosen ausgehe) nicht ganz ungefährlich ist. Es gehört zum einen unbedingt Magnesium dazu, damit sich die Wirkung des Vitamins richtig entfalten kann, und zum anderen auch Vitamin K2, denn Vitamin D befördert Kalzium ins Blut, wo es aber im Interesse der Nieren nicht verbleiben sollte, und K2 transportiert das Kalzium aus dem Blut in die Knochen und Zähne, wo es hingehört. Die landläufige Warnung, dass Vitamin D Nierensteine fördert, sollte man also richtigerweise ergänzen: Ja, aber nur, wenn große Dosen eingenommen werden und kein K2 dabei ist.
Zur Dosierung gibt es übrigens eine nette Anekdote: Das Institute of Medicine hatte mal ausgerechnet, dass die optimale Tagesdosis bei 600 I.U. liegt. Daraufhin hatten zwei Kanadier das mal nachgerechnet, und daraus hat sich eine lustige Story entwickelt, die man hier nachlesen kann: https://www.strunz.com/news/vitamin-d-die-blamage-des-jahrhunderts.html . Wohlgemerkt, das war im Jahr 2015. Und wenn ich heute auf mein Fläschchen schaue und dort lese, die Höchstdosis von 1.000 I.U. pro Tag darf nicht überschritten werden, dann mache ich mir so meine Gedanken, warum z.B. unsere Chefgynäkologin behaupten kann, dass Vitamin D unnütz ist. Ja, bei 1.000 I.U. muss ich ihr sogar recht geben.
Noch ein Tipp: Wer mit Entzündungen (z.B. Parondontose) zu tun hat, der sollte sich auch mal um seine Omega-3-Zufuhr kümmern (aber bitte kein pflanzliches, das kann unser Organismus nur sehr schlecht verwerten). Ein gutes Verhältnis zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren (idealerweise 1:1) sorgt nämlich dafür, dass die von Omega-6 geförderten Entzündungen (die als Bestandteil der Immunabwehr mitunter notwendig sind) mithilfe von Omega-3 auch wieder abklingen. Wer sich also „ausgewogen“ ernährt und vielleicht sogar noch auf tierische Nahrungsmittel verzichtet, der ist schon prädestiniert für einen massiven Omega-6-Überschuss und braucht sich über diverse Entzündungen im ganzen Körper nicht zu wundern. Oftmals merkt man’s selbst gar nicht (ein überfordertes Immunsystem ist ja heutzutage die Regel) und kriegt das Grübeln, wenn der Arzt über einem astronomischen CRP-Wert besorgt den Kopf schüttelt. Da sollte man vielleicht doch ein bisschen Geld in die Hand nehmen, um seiner Gesundheit diesen Dienst zu erweisen; von der Pharma kann man nämlich nicht erwarten, dass sie ein solches umsatzschädigendes Verhalten auch noch fördert. 😉
Gnubbel 11. April 2024
Sorry, kleiner Fehler. Im ersten Absatz muss es richtig heißen: Vitamin D befördert Kalzium aus der Nahrung (also aus dem Darm) ins Blut. Das Kalzium in Knochen und Zähnen bleibt natürlich dort, wo es ist.