Adipositas. Was für manche erstmal nur ein Begriff ist, der für Fettleibigkeit steht, war für mich ein Leben lang harter Alltag. Das erste Mal habe ich ihn wohl mit ca. 6 Jahren von meinem Arzt zu hören bekommen, kurz vor der Einschulung – damals hatte ich noch keinen blassen Schimmer, was sich genau dahinter verbirgt und was das für mich in den kommenden Jahren noch bedeuten wurde.
Bereits seit meiner Geburt leide ich an einer Schilddrüsenunterfunktion, welche ich aber nie wirklich als Krankheit wahrgenommen, sondern vielmehr einfach nur belachelt hatte. Der Grundstein wurde also schon früh gelegt. Die Situation spitzte sich dann in der Pubertät zu, als ich der Meinung war, meine Schilddrüsen-Tabletten einfach nicht mehr nehmen zu müssen. Zudem gewohnte ich mir mit den Jahren ein katastrophales Essverhalten an – unkontrolliert, große Mengen und ja, einfach nur „fressen“. Natürlich war mir immer bewusst, dass ich nie wirklich schlank war. Aber als richtig „fett“ habe ich mich interessanterweise nie gesehen.
Der Schock, beziehungsweise vielmehr der Moment, der alles veränderte, war der 29.06.2012. Zu diesem Zeitpunkt war ich 20 Jahre alt, hatte eben mein Abitur gemacht und eine Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen. Bis dato hatte ich einige Jahre keine Waage mehr bestiegen. Wahrscheinlich weil ich Angst hatte, was sie anzeigen würde.
Am Abend vor dem 29.06.2012 war ich mit Freundinnen auf dem Volksfest und wir wollten unbedingt Achterbahn fahren. Kein Problem, 5 € haste noch, dachte ich mir – tja, wenn das mal mein größtes Problem gewesen wäre. Durch das Drehkreuz kam ich ja noch, aber als ich dann im Sitz saß, war „Schicht im Schacht“. Der Bügel lies sich einfach nicht schließen. „Häh, das kann doch nicht sein? Da muss was kaputt sein?!“, ratterte es die ganze Zeit in meinem Kopf. Ein Angestellter dort riss mich dann mit den harten, schockierenden Worten „Entschuldigen Sie bitte, aber Sie sind leider zu füllig, um hier mitfahren zu können. Wir können so keine Sicherheit mehr gewährleisten“, aus meinen Gedanken. Nein. Er hat das gerade nicht ernsthaft gesagt? Ich will hier weg, hoffentlich hat das keiner gehört – all das waren meine ersten Gedanken. Der Abend war für mich dann natürlich gelaufen und ich ging sofort nach Hause. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber noch keine Ahnung, dass mich der größte Schock erst noch erwarten wurde – nämlich der nächste Morgen. Ich wollte verstehen können, warum ich zu dick für die Achterbahn war, das konnte doch nicht sein. Am nächsten Morgen also, noch immer leicht schockiert vom Erlebnis am Abend zuvor, stieg ich voller Angst auf die Waage in unserem Bad. Die Waage. Der Feind. Was wird er wohl anzeigen? Tja, die Antwort ist recht banal: Im ersten Moment gar nichts. Die Waage zeigte drei Querstriche an, mehr nicht. Zuerst dachte ich, die Batterie sei leer, bis mich das Benutzerhandbuch eines besseren belehrte. Diese drei kleinen Striche standen einfach für Überlast – ein Gewicht, das über dem Maximum von 150 Kilo liegt. Das konnte doch erst recht nicht sein. Nicht ernsthaft? Ich düste los und besorgte mir eine Waage, deren Maximum bei 200 Kilo lag. Zu Hause stieg ich dann sofort drauf und sie zeigte mir statt der drei Querstriche etwas noch viel schlimmeres. Drei knallharte Zahlen. 175 Kilo. Ohne übertreiben zu wollen, war das wohl einer der schlimmsten Momente, den ich je in meinem Leben erfahren habe.
WIE, um Himmels Willen, konnte ich das all die Jahre nicht sehen? Wie konnte ich so ein falsches Bild von mir selbst haben und mich dabei noch immer wohl fühlen? Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Tausend Fragen kreisten in meinem Kopf umher und die allerwichtigste dabei war wohl: WIE kommst du so schnell wie möglich da wieder weg? Du bist nicht nur dick, nein, du bist tatsachlich „fett“. Zum ersten Mal in meinem Leben wurde mir dies bewusst. Ich startete noch am selben Tag mit einer Radikaldiät, also zu Deutsch, ich aß kaum mehr etwas. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch null Ahnung von Ernährung und war der festen Überzeugung: Wenn du abnehmen willst, darfst du einfach nichts mehr essen. Tja, ein paar Wochen ging das auch ganz gut und ich verlor immerhin 15 Kilo innerhalb kürzester Zeit. Aber ich wusste genau, dass das dauerhaft keine Losung sein wurde, da der Heißhunger mein ständiger Begleiter war und es nur eine Frage der Zeit sein wurde, bis die erste Fressattacke sich anbahnte. Mittlerweile war das Jahr 2012 schon fast vergangen und immerhin 30 Kilo weg. Hort sich im ersten Moment nach viel an, war aber (für mich), auf meine „Masse“ gesehen, doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Mit der Zeit wurde ich immer ungeduldiger, ich wollte jetzt sofort schlank sein – doch der Weg schien noch so unendlich lang und ich sah in naher Zeit kein Ende. Dass Abnehmen Geduld erfordert, habe ich erst viel später gelernt.
Also ging meine Reise weiter durch den Dschungel der Diäten – von Shake-Diäten bis hin zu Schokoladen- oder Nulldiäten – ich glaube wirklich, ich habe in der Folgezeit alles mal durchgemacht. Doch mit keiner Diät konnte ich mich wirklich „anfreunden“, alle bedeuteten für mich irgendwo Verzicht und große Einschränkung. Mir war bei jeder einzelnen dieser Diäten bewusst, dass ich keine von ihnen dauerhaft, womöglich sogar
lebenslang, durchhalten konnte.
Summa summarum war es dann so, dass ich bis Ende 2013 mit x-verschiedenen Diäten schon 50 Kilo hatte verlieren können, doch da war immer noch so ein weiter Weg bis hin zum „Normalbereich“. Und der Weg schien auch noch immer so endlos lang. Bei meinen ständigen Recherchen im Internet stieß ich dann irgendwann auf eine Youtuberin, die ein sogar noch höheres Startgewicht als ich zu verzeichnen hatte. Sie hatte mittlerweile erfolgreich abgenommen und erzählte in ihren Videos ständig etwas von „LCHF“. Was heißt hier erzählte – sie pries es ja gar schon an. Da sie auf mich einen sehr sympathischen und überzeugenden Eindruck machte, beschäftigte ich mich daraufhin intensiv mit dem Thema „LCHF“ und was sich wohl dahinter verberge. Ich muss zugeben, bei meinen ersten Recherchen hielt ich dieses Prinzip für absolut „unlogisch“ – man soll mehr Fett essen, um abzunehmen? Warum ausgerechnet Fett? Wenn ich gesund sein möchte und abnehmen will, muss ich doch auf Fett verzichten bzw. es drastisch reduzieren. Fett ist doch schlecht. Zumindest hat man mir das mein Leben lang eingebläut. Sowohl von privater als auch von ärztlicher Seite her. Wie kommen plötzlich Leute darauf, dass Fett gut sein soll?
Je mehr ich mich aber mit dem Thema auseinandersetzte und je mehr ich darüber las, desto mehr überzeugte es mich. Ich fing einfach an, schließlich hatte ich ja nichts zu verlieren. Mit Hilfe verschiedener Blogs und Seiten im Internet konnte ich mich schnell einfinden und begann erstmal ganz ohne Zählen, stattdessen versuchte ich Rezepte anderer LCHF’ler nachzukochen und deren Tipps und Ratschläge zu befolgen. Ich konnte mir anfangs wirklich nicht vorstellen, damit abzunehmen. Die Zeit belehrte mich allerdings eines Besseren. Innerhalb von nur einem Monat war es mir möglich, 8 Kilo zu verlieren – und das ganz ohne Hunger oder „Verlangen“ nach anderen Dingen. Ich hatte wieder Spaß an Ernährung, was durch meine ganzen vorangegangenen Diäten überhaupt nicht als selbstverständlich galt. Ich hatte Spaß daran, mein Essen zu planen und meine Lebensfreude stieg endlich wieder an. Kurz und knapp: Ich fühlte mich einfach gut. Endlich wieder, nach so langer Zeit. Sogar so gut, dass ich begann, regelmäßig Sport zu treiben – ich hatte wahnsinnige Energie, die ich ja jetzt irgendwo loswerden musste ;). In Kombination mit Sport und der nun umgestellten Ernährung fiel es mir leicht, am Ball zu bleiben und die Pfunde schmolzen nur so dahin. Natürlich kamen auch Phasen des Stillstands, aber ich lernte mit der Zeit auch, ruhiger und geduldiger zu werden. Endlich hatte ich ein Prinzip gefunden, das richtig für mich war und das mir gut tat. Ich hatte nun auch keine Eile mehr, jetzt sofort schlank zu sein – viel wichtiger war es mir mittlerweile geworden, gesund und zufrieden zu sein.
Jetzt, fast am Ende des Jahres 2015, habe ich ein Abnahmeergebnis von 85 Kilo zu verzeichnen und ich fühle mich großartig und bin wahnsinnig stolz. Im Nachhinein betrachtet, kann ich es immer noch nicht so recht glauben, dass ich tatsächlich mal einen ganzen Menschen mehr mit mir „rumgeschleppt“ habe. Es ist einfach ein wahnsinnig gutes Gefühl und LCHF ist in meinen Augen die beste Ernährungsform – für mich zumindest. Manchmal wünschte ich, ich wäre schon eher darauf gekommen, aber besser spät als nie. Mein Leben macht mir Spaß, Ernährung macht mir Spaß und ich liebe es jetzt, neue Rezepte zu kreieren oder mich von anderen inspirieren zu lassen. Es ist für mich keine kurzfristige Angelegenheit, sondern mittlerweile eine Lebenseinstellung.
Mir fehlen nur noch ein paar Kilo bis zur lang ersehnten Bauchdeckenstraffung – die werde ich aber, mit Hilfe von LCHF, auf jeden Fall noch packen. Auch wenn es jetzt natürlich etwas langsamer geht. Mein Leben hat sich durch die Abnahme und LCHF so positiv verändert und ich möchte es um nichts in der Welt mehr eintauschen.
Ich hoffe sehr, dass noch viele andere Abnehmwillige LCHF für sich entdecken können und dass sie damit genauso erfolgreich sind wie ich.
Besonders möchte ich denen Mut machen, die auch ein sehr hohes Ausgangsgewicht haben. Denn für diese Menschen scheint der Weg manchmal unendlich zu sein und die Zweifel sind groß. Vor allem in den Momenten, in denen man am Liebsten alles hinschmeißen würde – ich kenne das nur zu gut. Ich möchte Ihnen ans Herz legen, in schwierigen Momenten am Ball zu bleiben, denn wenn Sie dem Konzept treu bleiben, werden Sie früher oder später auch dafür belohnt werden.
Und denken Sie bitte immer daran: Sie haben es sich verdient. Weil Sie es sich verdammt nochmal wert sind!
Jessica
Die Erfolgsgeschichte von Jessica wurde im Low Carb – LCHF Magazin 4/2015 publiziert. Eine Leseprobe des Magazins finden sie hier: https://lchf-deutschland.de/e-paper-low-carb-lchf-magazin-42015/
Margret Ache und Iris Jansen /www.LCHF-Deutschland.de