Etikettenschwindel – Was wir glauben sollen!
Etikettenschwindel bezeichnet das Vortäuschen eines speziellen Inhaltes mithilfe einer falschen oder irreführenden Inhaltsangabe auf dem Etikett. Es wird also gemogelt, um etwas, in Bezug auf Ernährung, gesünderes vorzutäuschen. Und genau diesem Thema hat sich Melanie Ryan in diesem Artikel gewidmet.
Etikettenschwindel
Je größer die Schrift, desto misstrauischer solltest du sein!
Immer mehr leckere Produkte in bunten Verpackungen zieren die Regale in unseren Supermärkten. Lange Zeit haben Verbraucher sorglos zugegriffen und Brotaufstriche, Kartoffelchips, Kakaopulver, Weingummi, Fruchtjoghurt und vieles mehr mit nach Hause genommen. Schmackhaft mögen diese Leckereien ja sein, aber immer so gesund? Schließlich macht Fett dick und verursacht Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und Zucker fördert Diabetes.
Glücklicherweise ist die Lebensmittelindustrie flexibel und passt ihre Produkte gern dem aktuellen Wissenstand der Verbraucher an. Die Forscher der Industrie wussten schon lange, dass ihre Produkte schädlich sind. Solange Verbraucher sie trotzdem kaufen, störte das aber niemanden. Erst wenn die Ware weniger oder gar nicht mehr gekauft wird, werden die Entwickler aktiv.
Fettarme Kartoffelchips? Kein Problem! Zuckerreduziertes Kakaopulver? Aber klar! Damit uns Kunden nicht entgeht, dass unsere Lieblingssnacks jetzt wieder gesund sind, wird die frohe Botschaft in großen Lettern vorn auf die Tüte gedruckt:
70% weniger Fett!
oder
30% weniger Zucker!
Na also, das ist doch was! Wenn ich solche großen Aufschriften sehe, freue ich mich schon darauf, die Tüte umzudrehen und mal nachzusehen, was denn da nun drin ist …
Beispiele für Etikettenschwindel:
Beispiel Nr. 1:
Fettreduzierte Kartoffelchips
Ein bekannter Chips-Hersteller hat sowohl ‚normale‘ – also frittierte – Chips als auch die fettreduzierten gebackenen Chips. Sind die denn gesünder?
Die Normalen enthalten 28 g Fett, die Gebackenen 9 g Fett. Ein himmelweiter Unterschied also. Die Normalen haben 504 kcal, die Gebackenen 409 kcal. Na, ganz klar eine Verbesserung!
Wenn Du regelmäßig unser Blog liest, dann weißt du bereits, dass das Kalorienmodell nicht funktioniert. Es kommt nicht so sehr auf die Kalorien an, wie auf die Zusammensetzung der Nahrung. Überschüssige Kohlenhydrate stimulieren die Insulinausschüttung. Insulin ist ein „Fettspeicherhormon“, das nicht nur im Moment ungenutzte Kohlenhydrate in Fett umwandelt, sondern auch die Fettverbrennung stoppt. Schaut man sich die Nährwerttabelle der Chips mit diesem Wissen noch einmal an, sieht es schon anders aus:
Die Normalen Chips enthalten 53 g Kohlenhydrate, die Gebackenen 74 g – also etwa ein Drittel mehr. Für mich sind sie damit keineswegs gesünder als das traditionelle Modell.
Und sonst so?
Beide Sorten Chips sind laut Verpackung „mit reinem Sonnenblumenöl“ hergestellt. An dem Punkt liegen sie die Tüte am besten schnell wieder hin. Reines Sonnenblumenöl sollte auf keinen Fall zum Braten und schon gar nicht zum Frittieren verwendet werden. Es enthält vorwiegend mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren, die Hitze nicht vertragen und dadurch in schädliche Transfette umgewandelt werden. Zudem werden Pflanzenöle in der Industrie (und Restaurants) in der Regel vielfach wiederverwendet, und jedes Erhitzen erhöht den Anteil der Transfettsäuren. Also: weg damit.
Beispiel Nr. 2:
Zuckerreduziertes Kakaopulver
Deutschlands beliebtestes Kakaopulver gibt es jetzt auch mit 30% weniger Zucker. Eine gute Nachricht für besorgte Eltern?
Zunächst einmal muss man wissen, dass es zig verschiedene Arten von „Zucker“ gibt: z. B. Zucker, Honig, Ahornsirup, Glukosesirup, Melasse, Dextrose, Datteln, Fruchtsaftkonzentrat …, um nur einige zu nennen. Auf Zutatenlisten sind die Zutaten in absteigender Reihenfolge sortiert, d. h. die Zutat deren Anteil am Gesamtprodukt am höchsten ist, steht an erster Stelle, die Zutat, von der das Produkt am wenigsten enthält, an letzter. Werden nun unterschiedliche Süßungsmittel verwendet – die, egal wie sie heißen, im Verdauungsprozess alle zu (meist) Glukose oder Fruktose werden – dann sind die Anteile der einzelnen Süßungsmittel kleiner und müssen nicht an erster Stelle oder auch nur weit oben auf der Zutatenliste stehen …. wie das der Fall wäre, wenn alle enthaltenen Süßungsmittel unter „Zucker“ zusammengefasst wären.
Hier die Zutaten der beiden Kakaopulver:
Kakaohaltiges Getränkepulver – Normal
Zutaten: Zucker, 20,6% fettarmer Kakao, Dextrose, Emulgator SOJALECITHINE, Salz, Vitamine [Vitamin C, Vitamin E, Niacin, Pantothensäure, Vitamin B1 (Thiamin), Vitamin B6, Folsäure].
Kakaohaltiges Getränkepulver MIT 30% WENIGER ZUCKER
Zutaten: Maltodextrin, Zucker, Maltodextrin (Ballaststoff), 17% fettarmer Kakao, Glukosesirup, Emulgator Lecithine (SOJA), natürliche Aromen, Salz, Vitamine [Vitamin C, Vitamin E, Niacin, Pantothensäure, Vitamin B1 (Thiamin), Vitamin B6, Folsäure], Zimt.
Der große Unterschied liegt in der Zugabe von Maltodextrin. Ich habe es fettgedruckt, obwohl es sich dabei (chemisch betrachtet) nicht um Zucker handelt, denn Maltodextrin ist eine Stärke, kein Zucker. Deshalb erscheint es in der Nährwerttabelle unter „Kohlenhydraten“, aber nicht unter „davon Zucker“. Denn in der Packung ist es wirklich kein Zucker. Sobald es aber die Lippen passiert hat, zersetzt ein Enzym im Speichel die Stärke in Zucker. Da Maltodextrin sehr schnell zerfällt, schmeckt es dann auch süß und ist im Endeffekt … Zucker. Genial.
Vielen Dank Melanie Ryan fürs Aufdecken und den Artikel!
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Gnubbel 31. August 2024
Sehr gut auf den Punkt gebracht, Chapeau! Ja, hier werden zwei „Schwächen“ der Konsumenten schamlos ausgenutzt. Die eine ist das schlechte Gewissen, das man dem Kunden mit den als böse verschrienen Nahrungsbestandteilen einredet („Man darf doch nicht …“ – wer bestimmt das eigentlich?). Wenn dann auf einem Produkt, wie z.B. den genannten Chips, ganz groß draufsteht: „70% weniger Fett“ (wie hieß das doch mal: „Du darfst“), dann hat der Kunde so ein gutes Gewissen, dass er auf den massiven Anstieg der Kohlenhydrate gar nicht mehr achtet – und schwupps! ist der Beutel in der Karre, und da bleibt er auch.
Vor ein paar Jahren haben sie unseren Kaufland radikal umgeräumt, angeblich, um den Kunden noch mehr Komfort zu bieten. Man kommt also jetzt als erstes am Backwarenstand vorbei, wo einem der Duft der frisch gebackenen Teile direkt in die Nase gepustet wird. Und der Kunde, der darauf getrimmt ist, immer dem ersten Impuls zu folgen, kriegt jetzt ein Problem: Klar weiß er, dass das Zeug ungesund ist, aber der Duft! Zum Glück ist das prall gefüllte Gemüseregal gleich nebenan, da kann man sein aufgewühltes Gewissen gleich wieder beruhigen, denn Gemüse darf man ja. Na dann zugelangt, das Gemüse läuft mir schon nicht davon.
Die andere Schwäche ist die Bequemlichkeit, oft als „Zeitmangel“ deklariert (wer täglich vier Stunden vor der Glotze sitzt, sollte mir nicht übelnehmen, wenn ich das Wort in Gänsefüßchen setze). Auch das wissen die Lebensmittelanbieter geschickt auszunutzen, wofür das „Kakaopulver“ ein treffendes Beispiel ist. Freilich, wir haben auch Kakaopulver im Haus, aber das besteht aus Kakao und nichts weiter, und das hat 0,6 Prozent Zucker. Dafür kann man es nach Herzenslust würzen mit Vanille, Zimt, Nelken, Kardamom … der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt, und man kann sich jedesmal eine andere Geschmacksnuance in seinen Kakao zaubern. Und nachsüßen kann man es auch al gusto. Freilich, wenn man sich daraus ein Getränk mixen will, braucht man heiße Milch, und das ist schon wieder umständlich und kostet Zeit. Und dann ist der Kakao ja auch heiß und das bei den derzeitigen Temperaturen (aber mal ehrlich, wenn ich meinen Durst löschen will, ist doch Kakao alles andere als eine gute Idee). Da kauft man sich doch lieber so ein kakaohaltiges Getränkepulver („kakao…“ ist doch okay), schmeißt zwei Löffel davon in die Milch und hat dann den perfekten Insulinstoß (nur der Durst ist nicht weg, auch nicht nach dem zweiten und dem dritten Glas). Steht ja drauf, dass weniger Zucker drin ist, und am Gemüsestand war man ja auch schon.
Ja, ich weiß, die lieben Kleinen wollen ihren Kaba und nix anderes. Dumm g’loffe, wenn die von der Nuckelflasche an mit Süßem (wofür auch immer) belohnt worden sind, da haben die anderen Geschmacksempfindungen kaum eine Chance, sich adäquat zu entwickeln. Dann mögen die Kiddies eben nur noch Süßes, und je süßer, umso besser. Aber das ist kein Schicksal, denn man kann sich selbst und seine Sprösslinge auch wieder entwöhnen, indem man die Süße peu à peu immer weiter reduziert und damit den anderen Geschmacksempfindungen eine Chance gibt, aus ihrem Dornröschenschlaf aufzuwachen. Hat bei mir funktioniert, und ich bin sicherlich kein Alien.
Wir sollten uns immer darüber im Klaren sein, dass es bei jedem (Etiketten-)Schwindel mindestens zwei Beteiligte gibt: einen, der bescheißt, und einen, der sich bescheißen lässt. Und dass uns niemand dazu zwingt, dass wir uns für Letzteres hergeben – zumal es kaum irgendwo einfacher ist, diese lausigen Tricks zu durchschauen, als am Lebensmittelregal.
Anja Hess 1. September 2024
Wunderbar! Danke für den zusätzlichen Beitrag!