
Keto-Ernährung bei Epilepsie
Die ketogene Ernährung hat in den letzten Jahren zunehmend an Popularität gewonnen, nicht nur als Diät zur Gewichtsreduktion, sondern auch als therapeutische Maßnahme zur Behandlung verschiedener gesundheitlicher Probleme. Besonders bemerkenswert ist ihr Einsatz bei Epilepsie, einer neurologischen Erkrankung, die durch wiederkehrende Anfälle gekennzeichnet ist. Studien haben gezeigt, dass eine ketogene Diät, die reich an gesunden Fetten und arm an Kohlenhydraten ist, bei vielen Patienten mit Epilepsie signifikante Verbesserungen bewirken kann.
Was ist Epilepsie?
Unter Epilepsie versteht man Krankheitsbilder, bei denen das wiederholte Auftreten epileptischer Anfälle der gemeinsame Nenner ist. Es handelt sich um eine chronische Erkrankung des Zentralnervensystems. Etwa 0,5-1% aller Menschen sind von epileptischen Anfällen betroffen. Am häufigsten erkranken Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zu einem Alter von 20 Jahren. In den Industrienationen erkranken jedes Jahr 50 von 100.000 Kindern neu an Epilepsie.
Was ist Keto?
Die Keto-Ernährung beschränkt die Zufuhr zucker- und stärkereicher Lebensmittel wie Süßigkeiten, Pasta, Brot usw.. Das bedeutet, dass nur noch wenige Kohlenhydrate gegessen werden, dafür aber mehr gesunde Fette. Diese Ernährungsform wird auch mit der Abkürzung LCHF (= Low Carb High/Healthy Fat) beschrieben, also eine kohlenhydratarme, fettbetonte Ernährungsweise. Keto/LCHF betont die gesunden Fette, weil durch eine Fülle neuer und älterer Studien bestätigt wurde, dass dies der Gesundheit dienlich ist.
Die Keto-Ernährung setzt an den Ursachen von Übergewicht und vielen Erkrankungen an, da sie eine hormonregulierende Ernährungsform ist. So normalisiert sie zum Beispiel das Hormon Insulin, das sowohl den Zucker- als auch den Fettstoffwechsel reguliert. Das bedeutet, der Blutzucker ist stabil bei einem niedrigen Insulinspiegel. Die Fettverbrennung erreicht dadurch ein Maximum. Nun produziert die Leber Ketonkörper als Alternative zu Glukose, als Energie für Nerven-, Herz- und Leberzellen oder auch für die Muskeln. Dieser Zustand wird Ketose genannt.
Epilepsie und Keto
Schon Hippokrates stellte fest, ließ er Epilepsiepatienten fasten, verringerte sich die Häufigkeit epileptischer Anfälle stark oder sie blieben sogar ganz aus. Auch in der Bibel berichten die Bücher Markus (Kapitel 9: 14–29) und Matthäus (Kapitel 17: 14–21) von einem an Krämpfen leidenden Jungen, der „durch Beten und Fasten“ geheilt wurde.

Keto
Dieser Gedanke wurde Anfang des 20. Jahrhunderts[1],[2] wieder aufgenommen, es zeigte sich erneut, dass mit längerem Fasten eine deutliche Anfallsreduktion zu erreichen war. Die ketogene Stoffwechsellage des Fastens wurde von Dr. Wilder[3] und seinem Kollege Dr. Peterman durch eine spezielle Diät erzeugt, die extrem fettreich und kohlenhydratarm war. Wurde diese Ernährung bei Epilepsiepatienten angewandt, konnten erstaunliche Erfolge erreicht werden[4],[5]. Ab 1940 wurden jedoch zahlreiche Medikamente gegen Epilepsie entwickelt und die ketogene Ernährung geriet in Vergessenheit.
Es dauerte etwa 50 Jahre, bis die ketogene Ernährung bei Patienten mit einer sogenannten pharmakoresisten Epilepsie wieder ins Bewusstsein rückte, zumal zahlreiche Studien die gute Wirkung dieser Ernährung bestätigte[6],[7],[8],[9].
Besondere Erwähnung findet hier die Studie von Martin[10] et.al vom 7. November 2018 der Cochrane-Collaboration. Denn Cochrane ist ein globales unabhängiges Netzwerk von Ärzten und Wissenschaftlern, die strenge Kriterien für Studien zugrunde legen.
Für diesen Review wurden die medizinischen Datenbanken nach randomisierten kontrollierten Studien (klinische Studien, bei denen die Teilnehmer per Zufallsprinzip einer von mindestens zwei Behandlungsgruppen zugeteilt werden) mit epilepsiekranken Erwachsenen oder Kindern durchsucht, in denen eine ketogene Ernährung mit weiteren Behandlungen verglichen wurde. Die Recherche ergab elf randomisierte kontrollierte Studien mit 778 Teilnehmern, 712 Kinder und Jugendliche und 66 Erwachsene. Die Studien wurden über einen Zeitraum von zwei bis sechszehn Monaten durchgeführt. Je nach Studiendesign, Studienlänge und der Menge verzehrter Fette kam es zu einer Reduktion epileptischer Anfälle von 55 – 85 %!
Charlie Abrahams
Eine besonders beeindruckende Fallgeschichte liefert uns Charlie Abrahams, der 11 Monaten schwer an Epilepsie erkrankte und pro Tag bis zu 100 Anfälle erlitt. Die Medikamente, die er einnahm, halfen nicht. Die verzweifelten Eltern suchten nach Möglichkeiten außerhalb der Schulmedizin, um ihrem Sohn zu helfen und stießen dabei auf die Keto-Ernährung. Sie erfuhren, dass diese Ernährungsform im John Hopkins Krankenhaus angeboten wurde. 1993 wurde Charlie dort eingeliefert und sofort auf Keto umgestellt. Innerhalb von nur zwei Tagen trat eine wesentliche Verringerung der Anfälle auf. Nach einem Monat war er völlig frei von Anfällen und benötigte auch keine Medikamente mehr.
Die Tatsache, dass Charlie Abrahams allein durch die Ernährngsumstellung anfallsfrei war, erschien den Eltern wie ein Wunder. Um das Wissen über die Behandlung zu verbreiten, damit Eltern in derselben verzweifelten Situation davon profitieren sollten, drehte Jim Abrahams den Film „First Du No Harm (deutscher Titel: Solange es noch Hoffnung gibt)“ mit Meryl Streep als Charlies Mutter.
Folgende Epilepsiesyndrome scheinen besonders gut auf ketogene Diäten anzusprechen: myoklonisch-astatische Epilepsie (Doose Syndrom), Dravet Syndrom und tuberöse Sklerose.
Interessant ist auch dieses PDF: Leitlinien der Gesellschaft für Neuropädiatrie, Ketogene Diäten[11]
Spezielle Epilepsie-Formen
Doose-Syndrom
Das Doose-Syndrom ist eine seltene Form der Epilepsie im Kindesalter. Betroffen ist 1 von 10. 000 Kindern. Meist beginnt die Erkrankung im Alter von 1 bis 5 Jahren. Bei manchen Kindern verbessern Medikamente oder Hormone die Beschwerden. Wenn die Anfälle durch eine medikamentöse Therapie nicht ausreichend unterdrückt werden, kann laut Expertenmeinung eine ketogene Diät infrage kommen[12].
Dravet Syndrom
Das Dravet-Syndrom ist eine seltene im Säuglingsalter (3.–12. Lebensmonat) auftretende genetisch bedingte Epilepsie mit Anfällen unterschiedlicher Ausprägung. Die Daten von aktuellen Studien[13] deuten darauf hin, dass die Keto-Ernährung eine wirksame Behandlung bietet und sollte als frühzeitige Behandlungsoption in Betracht gezogen werden.
Tuberöse Sklerose
Die Tuberöse Sklerose ist eine seltene Erbkrankheit. Damit wird eine für diese Krankheit typische Veränderung im Gehirn beschrieben, bei der an manchen Stellen Gewebe beulenartig über die Hirnoberfläche hinausragt. Die charakteristische Trias dieser Erkrankung: faziale Adenofibrome, Epilepsie und Intelligenzminderung.
Bei symptomatischer Epilepsie, wie bei der tuberösen Sklerose, scheint Keto besonders gut zu wirken. Dazu lieferte eine Studie[14] im John Hopkins Hospital gute Beweise, die eine Anfallsreduktion von 50 bis 92% zeigen konnte.
Fazit Keto-Ernährung bei Epilepsie
Eine ketogene Ernährung sollte generell bei Epilepsien in Erwägung gezogen werden, da sie einen großen gesundheitlichen Nutzen bringen kann. Es gilt allerdings zu beachten, dass bei diesen Krankheitsbildern eine strenge Bilanzierung unabdingbar ist und ausschließlich in die Hände von gut geschulten Therapeuten gehört.
Die LCHF Deutschland Akademie – mit Herz und Verstand
Seit 2015 bildet die LCHF Deutschland Akademie aus und durfte viele Menschen auf ihrem Weg zum Coach begleiten.
Für wen ist die Ausbildung zum Gesundheits- und Ernährungscoach geeignet?
Begeisterte AbsolventInnen zwischen 18 und 70 Jahren, SchülerInnen, Mütter, JuristInnen, PädagogInnen, PhysiotherapeutInnen, FitnesstrainerInnen, HeilpraktikerInnen, GesundheitspflegerInnen, KonditormeisterInnen, Kaufleute aus den verschiedensten Bereichen…
Also für Menschen jeglichen Alters mit und gänzlich ohne Vorkenntnisse.
Was sie alle vereint ist das Interesse an ganzheitlicher Gesundheit. Das Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele. Der Wunsch, fachlich fundierte Kenntnisse im Gesundheits- und Ernährungsbereich erlangen zu wollen, basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Ergebnissen und Erfahrungen.
Für ihre eigene Gesundheit, die ihrer Familie, oder um anderen Menschen zu einem gesünderen Leben zu verhelfen.
All diese Menschen unterschiedlichen Alters und aus den verschiedensten Bereichen zeigen, es ist nie zu spät dazuzulernen und neu anzufangen!
Wann dürfen wir dich in der LCHF Deutschland Akademie begrüßen?
Du möchtest das Neueste aus dem Bereich Gesundheit und Ernährung erfahren? Prima, dann abonniere unseren Newsletter.
Dein LCHF Deutschland Team
www.LCHF-Deutschland.de und LCHF Deutschland Akademie, Facebook, Instagram und YouTube
[1] Guelpa G, Marie A. La lutte contre l‘épilepsie par la désintoxication et par la rééducation alimentaire. Revue de Thérapie MédicoChirurgicale 1911
[2] Geyelin HR. Fasting as a method for treating epilepsy. Med Rec 1921
[3] Wilder RM. The effect of ketonemia on the course of epilepsy. Bull Mayo Clin 1921
[4] Peterman MG. The ketogenic diet in epilepsy. J Am Med Assoc 1925
[5] Wilkins L. Epilepsy in childhood: III. Results with the ketogenic diet. J Pediatr 1937
[6] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9832569
[7] Lefevre F, Anonson N. Ketogenic diet for the treatment of refractory epilepsy in children: a systematic review of efficacy. Pediatrics 2000
[8] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11581442
[9] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11433065
[10] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30403286
[11] https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/022-021l_S1_Ketogene_Di%C3%A4ten_2014-04_abgelaufen.pdf
[12] http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Patienteninformationen/doose-syndrom-kip.pdf
[13] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25524846
[14] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1528-1167.2005.00266.x
Gnubbel 13. Februar 2025
Hier habt ihr ein ganz wichtiges Thema angeschnitten, das ich gern mal zu Ende denken möchte: Mit ketogener Ernährung lässt sich die Epilepsie in Schach halten, ohne dass man dem Körper Chemikalien zuführen muss, die von Natur aus in unserem Stoffwechsel nichts zu suchen haben. Aber nicht nur bei Epilepsie, auch bei Migräne und einigen anderen „rätselhaften“ Erkrankungen hat die ketogene Ernährungen Wunder bewirkt. Für mich ein deutlicher Hinweis, dass wir endlich mal daran gehen sollten, nicht nur unsere Ernährung, sondern unsere gesamte Denke umzustellen:
Wenn wir in der Menschheitsgeschichte ein Stück zurückgehen, sagen wir mal, bis in die Steinzeit, da war die bevorzugte Nahrung in der Savanne schlicht und einfach tierisches Eiweiß und tierisches Fett; an sowas wie Gemüse oder gar Getreide war da noch gar nicht zu denken. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Mensch sich in hunderttausenden Jahren an die vorwiegend tierische und damit nahezu kohlenhydratfreie Ernährung optimal angepasst hatte – anders gesagt: die ketogene Ernährung der Normalzustand war. Auch dass die Häufigkeit und Fülle der Mahlzeiten vom Jagdglück abhängig war, was eben hieß, dass auch mal über Tage hinweg Schmalhans Küchenmeister war (was man heute trendig „Intermittierendes Fasten“ nennt), gehörte damals zum Alltag. Wenn wir heute von diversen Krankheiten heimgesucht werden, die man mit einer Ernährungsumstellung mit etwas Glück bis auf Null zurückdrehen kann, dann bedeutet das doch nichts anderes, als dass wir uns die Misere mit unserer nicht mehr „artgerechten“ Ernährung selbst eingehandelt, uns quasi schleichend vergiftet, haben. Jeder weiß doch, wenn wir jahrelang Alkoholmissbrauch betreiben, zerstören wir damit peu à peu unseren gesamten Organismus. Warum kriegen wir das nicht gebacken, wenn wir jahrzehntelang Kohlenhydratmissbrauch betreiben? Alkohol ist doch nichts anderes als ein besonders aggressives Kohlenhydrat, dementsprechend schneller treten die Schäden ein, die uns aber auch bei täglich 300 Gramm Einfach- und Mehrfachzucker (Stärke) nicht erspart bleiben.
Wir haben in der Schule einen Satz gelernt, den ich mir dick hinter die Ohren geschrieben habe und nach dem ich auch heute noch lebe: „Was du vermeiden kannst, musst du nicht mehr bekämpfen.“ So einfach, und wir tun uns so schwer damit.
Margret Ache 13. Februar 2025
100%ige Zustimmung.
„Was du vermeiden kannst, musst du nicht mehr bekämpfen.“ Welch ein wundervoller Satz, war bestimmt eine super Schule.
Gnubbel 13. Februar 2025
Ja, nannte sich Zehnklassige Allgemeinbildende Polytechnische Oberschule, hatten die Finnen seinerzeit von uns kopiert und haben damit im PISA-Test die Deutschen meilenweit abgehängt. Aber pssst … 😉
Gnubbel 13. Februar 2025
Noch ein bisschen Denksport gefällig? Da gibt es doch einige Experten, die sagen: Tjaaa, unser Gehirn ist doch so hochentwickelt, dass es ohne Glukose schon gar nicht mehr existieren kann. Dem halte ich entgegen, dass das Gehirn des modernen Menschen bereits vor 100.000 Jahren in dem Reifezustand war, in dem es auch heute noch ist. Und das Sahnehäubchen: Die Neandertaler, die während der Eiszeit ganz gewiss nicht mit Pflanzenkost verwöhnt worden waren, besaßen ein Gehirn, das sogar noch größer war als unser heutiges. Wie passt das zusammen?
Margret Ache 13. Februar 2025
So ist es!