Home / Gesundheit  / Migräne – Auf Umwegen zum Ziel

Migräne – Auf Umwegen zum Ziel

 

Schutzlos der afrikanischen Sonne ausgeliefert, kämpften wir uns mit voll beladenem Tandem über einen der unzähligen Hügel

Ugandas. Ein Teenager spazierte locker hinter uns her. »Das ist perfekt«, meinte er und deutete dabei auf unser Fahrrad.

Marcel, keuchend: »Ja, aber wir sind sehr langsam, da wir zu schwer sind.« »Aber ihr bewegt euch.« »Das stimmt.« »Schritt

um Schritt geht’s voran!« Ich hätte ihn für seine unerwartet philosophische und süß formulierte Antwort umarmen können. Dies könnte genau unser Reisemotto sein. Pedalumdrehung um Pedalumdrehung, Meter um Meter kommen wir langsam vorwärts, bis wir eines Tages am Ziel sind.

 

Alena Pesavento – Migräne

Die ersten Sätze von Alena Pesavento laden zum Weiterlesen ein. Vielen Dank, liebe Alena, dass du für uns Deine unglaubliche Geschichte zu Papier gebracht hast, die auch im Low Carb – LCHF Magazin publiziert wurde. Alena ist Absolventin der LCHF Akademie und wir freuen uns sehr, dass sie im Februar 2018 zum Low Carb – LCHF Kongress nach Düsseldorf kommt.

Auf Umwegen zum Ziel

Als wir fast zwei Jahren vor dieser erfrischenden Begegnung mit dem Fahrrad unsere Hochzeitsreise starteten, wussten wir noch nicht, wo uns die Reise hinführen soll. Mit dem ersten Zwischenziel China vor Augen, ließen wir den Komfort und die Sicherheit der Schweiz hinter uns und tauchten ein ins große Abenteuer. Was wir seither erleben durften, ist kaum in Worte zu fassen. Überwältigende Gastfreundschaft in den arabischen Ländern, einsame Fahrten durch die Wüste, jahrtausendealte Kultur im Iran, spektakuläre Passfahrten in abgeschiedenen Hochgebirgsregionen von Zentralasien und Osttibet, nervenaufreibende Manöver durch das Gewühl chinesischer Großstädte, gemütliches Pedalen im tropischen Südostasien und absolute Abgeschiedenheit in der unendlichen Weite der Mongolei. In diesem fantastischen Land fassten wir spontan den Entschluss, unsere Reise auf einem neuen Kontinent fortzusetzen: Afrika.

 

Getrübte Freude

Doch die Freude über die komplett andere Kultur, die neuen Eindrücke und die faszinierende Tierwelt hielt nicht lange an. Sie wurde immer wieder getrübt durch meine gesundheitlichen Beschwerden. Zum Zeitpunkt des Reisebeginns litt ich seit über 15 Jahren an Migräne, normalerweise mit einem bis drei Anfällen pro Monat. Trotz dieser Vorbelastung wollte ich nicht auf diese Reise verzichten. Vielleicht war ich blauäugig, vielleicht auch einfach nur optimistisch und zuversichtlich. Ich dachte: »Eventuell liegt das Problem ja im Alltagsstress, welchen ich auf der Reise nicht mehr haben werde?« Tatsächlich ging es zeitweise ganz gut und mich plagten nur die altbekannten chronischen Kopfschmerzen. Doch bereits in Zentralasien wurde es immer schlimmer, besonders in sehr heißen Gegenden. Immer wieder saßen wir mehrere Tage bis zu einer Woche an einem Ort fest, weil die Attacken teils trotz Medikamenten nicht abklangen.

 

Als wir in der Mongolei die Route durch Afrika planten, haben wir stundenlang Klimatabellen studiert, um abzuschätzen, was uns auf diesem trockenen Kontinent erwarten würde. So wild sah es gar nicht aus, und der Wunsch nach dieser Region war stärker als die Vernunft.

 

Doch schon in den ersten Wochen auf afrikanischem Boden habe ich mich immer wieder gefragt, ob es ein Fehler war, hierher

zu fliegen. Die Hitze war für mich teils fast unerträglich und wir hatten oft Schwierigkeiten, am Straßenrand einen schattigen

Pausenplatz zu finden. Zudem neigte sich nach drei Monaten Afrika mein Vorrat an Migränemedikamenten dem Ende zu. Ich war davon ausgegangen, dass er bestimmt bis Südafrika reichen müsste. In den nächsten drei Monaten würde ich keine Chance haben, dieses spezielle Medikament zu besorgen. Ich war der Verzweiflung nahe.

 

Im Nachhinein bin ich froh, dass wir uns für diesen Weg entschieden haben. Ich musste so tief fallen, damit ich nach einer anderen Lösung als nach Medikamenten suchte.

 

Die heiße Spur

Als ich in Tansania eines Abends vor dem Schlafengehen neben unserem Zelt stand und in den klaren Sternenhimmel schaute, überkam mich aus tiefstem Inneren ein starker Gedanke: »Ich finde einen Weg, ich werde gesund.« Ich hatte zwar keine Ahnung wie, glaubte aber ganz fest daran.

 

Und siehe da: Am nächsten Tag stieß ich auf die Lösung. Marcel saß eingepfercht zwischen Hühnern und Ziegen im Minibus, der ihn in das 80 Kilometer entfernte, nächst größere Dorf brachte. Der Schnellspanner unseres Hinterrades war gebrochen und ohne Ersatz konnten wir nicht weiterfahren. Währenddessen wartete ich auf einem einfachen, abgelegenen Campingplatz. Ich spürte, wie die nächste Migräne auf der rechten Seite den Nacken hinaufkroch. Es musste zwingend eine Lösung her! Nur wie und wo? Ich nahm meinen E-Reader und stellte erstaunt fest, dass ich 3G-Empfang hatte, obwohl es weit und breit null Infrastruktur und nur ein paar einfache Holzhütten gab. Ich besuchte den Kindle-Shop und gab das Wort Migräne ein. Zwei der empfohlenen Bücher beschrieben einen mir völlig unbekannten Ansatz: die Umstellung der Ernährung auf kohlenhydratreduzierte Kost. Ich lud die Leseproben herunter und am gleichen Nachmittag kaufte ich die Bücher. Ich wusste sofort, dass das funktioniert. Nicht nur die Migräne, sondern auch die chronischen Kopfschmerzen, meine ständigen Heißhungerattacken und die enorme Müdigkeit nach dem Essen ließen sich plötzlich erklären. Doch ich war überzeugt, dass ich mit der Umstellung warten müsste, bis wir wieder zu Hause wären. Es würde absolut unmöglich sein, diese Ernährung auf einer Fahrradreise in Drittweltländern umzusetzen. Doch mein Zustand verschlimmerte sich von Tag zu Tag, an Radfahren war kaum mehr zu denken. Der Schmerz streckte mich fast täglich nieder, auch an nicht so heißen und an fahrradfreien Tagen. Meine Gedanken drehten sich einzig und allein darum, wie ich es zum nächsten Ort schaffe. Jeden Tag musste ich neu entscheiden, ob ich eine der wenigen Migränetabletten nehme, die mir noch blieben.

Die Entscheidung

In Malawi kamen wir an den Punkt, an dem wir uns entscheiden mussten. Brechen wir die Reise ab? Fahren wir mit dem Zug nach Südafrika und mieten ein Auto, sodass wir der Anstrengung und Hitze ausweichen können? Oder miete ich mir für einen Monat ein Zimmer mit Küche und mache die Ernährungsumstellung? Obwohl ich dachte, dass es unmöglich ist, mit dieser Ernährungsform auf Reisen zu sein, haben wir uns für diese Variante entschieden. Wir hatten nichts zu verlieren. Blantyre, die größte Stadt Malawis, verfügt über einen gut bestückten, internationalen Supermarkt. Der würde alles bieten, was ich für die Umstellung brauchte. Nach 27 Monaten gemeinsamen Reisens verabschiedete ich mich schweren Herzens von Marcel und stieg in den Bus, der mich innerhalb von 12 Stunden in den Süden des Landes brachte. Eine Fahrt ins Ungewisse. Doch ich war zuversichtlich und freute mich darauf, diesen Ansatz auszuprobieren. Marcel reiste alleine mit dem Tandem nach und wollte zu Weihnachten bei mir sein.

 

Die Wende

Die Umstellung gelang mir sehr leicht. Der Leidensdruck war groß genug und meine Überzeugung der Wirksamkeit ebenfalls.

Während der vierwöchigen Pause drehte sich bei mir alles um das Thema Ernährung. Es ging längst nicht mehr nur um

Migräne, sondern um die Gesundheit im Allgemeinen. Ich verschlang ein Buch nach dem anderen und googelte mir die Finger

wund. Je mehr ich las, desto wütender wurde ich. So viele Menschen leiden aufgrund falscher Ernährungsempfehlungen

unnötig, so viele chronische Krankheiten wären vermeidbar!

 

Als es Zeit war, die Reise fortzusetzen, war ich etwas nervös. Wie würden wir das mit dem Essen organisieren? Hatten wir noch genügend Energie zum Radfahren?

 

Obwohl ich gelesen hatte, dass immer mehr Ausdauersportler auf Fettverbrennung umstellen, konnte ich mir dies schlicht nicht vorstellen. Bisher ernährten wir uns praktisch nur von Kohlenhydraten: Porridge, Kekse, Bananen, Milchreis, Nudelsuppen, Popcorn, Spaghetti, Reis, Cola, Snickers und sonst allerhand Ungesundes. Umso überraschter waren wir, dass wir nach der Umstellung auf Low Carb High Fat (LCHF) viel mehr Energie hatten und nach einem Frühstück mit Eiern, Speck, Käse und Joghurt ein paar Stunden radeln konnten, ohne auch nur einen Snack zu benötigen. Davor waren wir bereits nach 1,5 Stunden ganz zittrig und brauchten dringend etwas zwischen die Zähne. Jetzt blieben wir locker bis zum Mittagessen satt, auch als wir in Sambia eine Woche lang nur Spinat, Tomaten und Eier zum Frühstück fanden. Der aufgepeppte Griechische Salat am Mittag hielt bis zum Abendessen an. Und das Beste: Bis auf ein paar wenige Ausnahmen war meine Migräne verschwunden! Ich konnte mein Glück kaum fassen. Auch die chronischen Kopf- und Knieschmerzen, die Heißhungerattacken, der Reizdarm, die ständigen Blähungen und die fürchterlichen Bauchkrämpfe – alles Leiden, die mich seit über einem Jahrzehnt plagten – hatten sich in Luft aufgelöst. Auch Marcel, der keinerlei gesundheitliche Beschwerden hatte, fühlte sich noch vitaler und nahm nebenbei ein paar Kilos ab.

 

LCHF auf Reisen

Ich hätte nie geglaubt, dass wir es ohne Kühlmöglichkeiten und mit dem Lebensmittelangebot in Afrika schaffen würden, uns nach LCHF zu ernähren. Doch es ging überraschend gut. Butter, Oliven- und Kokosöl bewahrten wir in dichten Plastikdosen auf. Eier, Fleisch, Gemüse und Avocados fanden wir überall, und in großen Supermärkten stockten wir Kokosmilch und andere spezielle Zutaten auf. Mit der Zeit war es etwas anstrengend, so viel Zeit fürs Einkaufen und fürs Kochen mit einem faltbaren Campingkocher und zwei kleinen Töpfen auf aufzuwenden. Das meiste mussten wir aufgrund der Hitze täglich frisch auf den Märkten besorgen. Aber bei diesen enormen gesundheitlichen Verbesserungen nahmen wir dies gerne in Kauf. Wir sind unendlich dankbar, dass wir drei Jahre nach unserem Start gesund – ja, sogar viel gesünder – nach Hause zurückgekehrt sind. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich auf dieser Reise den Weg aus der Schmerzfalle finde. Wir sind ohne konkretes Ziel aufgebrochen und haben ganz unerwartet das höchste aller Ziele erreicht: Gesundheit.

 

Informationsbox

Alena mit ihrem Mann

Alena Pesavento startete im September 2012 mit ihrem Mann Marcel Egli, einem Fahrrad und ihrem Migräneleiden auf

Hochzeitsreise. Nach 3 Jahren kehrten beide gesund in die Schweiz zurück. Die letzten 10 Monate der Reise ernährten sie sich

strikt LCHF. Alena wurde damit all ihre chronischen Beschwerden los.

Fakten der Reise

281’491 geradelte Höhenmeter // 33’733 geradelte Kilometer // 1074 Tage unterwegs // 516 Tage im Sattel // 52 Pannen //

38 Länder // 3 Kontinente // 0 Kriminalität

Reiseroute

Schweiz – Italien – Österreich – Slowenien – Kroatien – Montenegro – Albanien – Mazedonien – Griechenland – Türkei – Iran

– Turkmenistan – Usbekistan – Tadschikistan – Kirgistan – China – Laos – Kambodscha – Thailand – Malaysia – Thailand – Laos

– China – Mongolei – Uganda – Ruanda – Tansania – Malawi – Sambia – Simbabwe – Südafrika – Swaziland – Südafrika –

Lesotho – Südafrika – Namibia – Botswana – Finnland – Estland – Lettland – Litauen – Polen – Slowakei – Ungarn – Österreich

– Schweiz

Reiseblog: www.frischlufttour.ch

 

LCHF Deutschland, LCHF Akademie  und Low Carb – LCHF Kongress 2018

 

Bildrechte: Alena Pesavento, Marcel Egli, Margret Ache

 

 

Print Friendly, PDF & Email

info@lchf-deutschland.de

Gründerin von LCHF Deutschland und der LCHF Deutschland Akademie

Review overview
Keine Kommentare

Kommentieren