
Welt-Adipositas-Tag – eine etwas andere Betrachtung
Es gibt im Bereich Gesundheit wohl kaum ein Thema, das die Gemüter so erhitzt wie das der, Fettleibigkeit, auch Adipositas genannt. Ganze Industriebranchen ranken sich um dieses Phänomen, Unmengen von Geldern werden für Forschung und Therapien ausgegeben, Diät- und Abnehmratgeber schießen wie die Pilze aus dem Boden, eine Superdiät jagt die andere, der Körperkult hat bereits Züge einer Religion angenommen, und das Abnehmen ist schon fast zu einem Volkssport geworden – und die Menschen werden immer dicker. Was läuft da schief? Heute bieten wir zu dem Thema eine etwas andere Betrachtung.
Adipositas, eine kontroverse Betrachtung

Welt-Adipositas-Tag – eine etwas andere Betrachtung
Nun, während jeder weiß, was Adipositas ist, und überall lautstark vor allen möglichen Folgeerkrankungen gewarnt wird, erfährt man nur sehr wenig darüber, wie Adipositas eigentlich entsteht, auf welchen Ursachen sie beruht. Wir essen zu viel und bewegen uns zu wenig, bekommt man zur Antwort. Also werden Kalorien gespart auf Teufel komm raus, und abends gehtʼs aufs Laufband. Man kämpft verbissen gegen den inneren Schweinehund, und meistens verliert man. Und der Zeiger auf der Waage bewegt sich mal nach unten und mal nach oben – meistens aber nach oben. Warum funktioniert das nicht?
Wissenschaftliche Betrachtung: Die Rolle des Gehirns bei Adipositas
Einer, der sich ernsthaft mit den Ursachen von Übergewicht und Fettleibigkeit auseinandergesetzt hat, ist der Hirnforscher, Internist und Diabetologe Achim Peters, der die Forschungsgruppe „Selfish Brain“ an der Universität Lübeck leitet. Er ist einer der wenigen Wissenschaftler, die das Gehirn als wichtigstes Organ und größten Energieverbraucher konsequent in ihre Forschungen einbeziehen. Und er hat zusammen mit seinem interdisziplinären Forschungsteam etwas herausgefunden, was ich hier einmal stark vereinfacht wiedergeben möchte:
Der Energiehaushalt unseres Organismus ist sehr fein ausbalanciert, wobei etwa 20 Prozent der Energie für das Gehirn reserviert sind, eine Menge, mit der das Organ im Allgemeinen gut auskommt. Was aber passiert, wenn wir unser Gehirn mal ordentlich arbeiten lassen, es unter Stress setzen? Wenn wir zum Beispiel in einer schwierigen, mitunter sogar bedrohlichen Situation sind, und unser Gehirn versucht mit aller Macht, das Problem zu lösen? Dann braucht es für diese Schwerstarbeit natürlich viel mehr Energie, und der Bedarf kann bis auf das Zweieinhalbfache ansteigen. Nun wird aber das Gehirn genau wie der restliche Körper über denselben Blutkreislauf versorgt, und deshalb muss der Nährstoffgehalt insgesamt auf das Zweieinhalbfache erhöht werden, damit das Gehirn sein Fünftel davon abbekommt. Aber was passiert, wenn der restliche Körper gar keinen erhöhten Energiebedarf hat? Wenn man zum Beispiel vor dem PC oder im Auto sitzt, das
Gehirn rotiert und der restliche Körper untätig im bequemen Sessel versunken ist? Nun, dafür hat der Körper schließlich seine Fettzellen, und da Energie ein rarer Artikel ist und die Natur nichts verkommen lässt, wird der Überschuss eben dort deponiert – für schlechte Zeiten, die wahrscheinlich nie kommen werden.
Die Betrachtung des Dauerstress als Grundübel: Wie er Fettleibigkeit fördert
Nun ist das im Einzelfall kein Problem, denn der Körper hat genug Möglichkeiten, einen Energieüberschuss auch wieder loszuwerden, zum Beispiel, wenn man beim Essen schwitzt, weil der Körper einen Teil der aufgenommenen Energie als Wärme an die Umgebung abgibt. Wenn aber der Stress zum Dauerzustand wird, zum Beispiel weil wir uns in einer sozialen oder finanziellen Notlage befinden oder weil wir mit unserem Tagespensum chronisch überfordert sind, dann wird der Körper mit dem sich immer mehr anhäufenden Energieüberschuss irgendwann nicht mehr fertig, und dann verbleibt dieser eben in den Fettzellen, und es kommt immer mehr Fett hinzu.
Leider ist aber der Dauerstress in unserer Gesellschaft schon zum Normalzustand geworden, und deshalb wächst sich die Fettleibigkeit immer mehr zu einer Epidemie aus.
(Kurze Zwischenanmerkung: Natürlich sind die einzelnen Vorgänge in unserem Körper viel komplizierter; ich kann hier aber unmöglich alles wiedergeben, was Peters auf über 1.000 Buchseiten detailliert beschrieben hat. Für das Verständnis, warum das unter Dauerstress stehende
Gehirn den Körper verfetten lässt, soll es ausreichen; wer noch tiefer in die Materie eintauchen möchte, dem seien die Bücher „Das egoistische Gehirn“, „Mythos Übergewicht“ und „Unsicherheit: Das Gefühl unserer Zeit“ von Achim Peters in dieser Reihenfolge empfohlen.)
Wir wissen jetzt also, dass der Dauerstress das Grundübel ist. Und leider leben wir in einem Umfeld, in dem es von Stressfaktoren nur so wimmelt: Soziale und finanzielle Unsicherheit, zunehmende einseitig geistige berufliche Beanspruchung, psychische Überforderung, Verspüren oder Ertragen von Neid, Entfremdung von unserer natürlichen Umgebung und vieles mehr fordern täglich ihren Tribut von uns. Da macht es wenig Sinn, die Nahrungszufuhr einzuschränken, denn dann wird das hungrige Gehirn uns dazu zwingen, mehr zu essen: seine Stresshormone werden dafür sorgen, dass wir nachts wie die Zombies zum Kühlschrank schleichen und uns dort den Bauch vollschlagen. Ja, die Begriffe „Nervennahrung“ und „Frustfressen“ sind schon nicht aus der Luft gegriffen.
Die Auswirkungen von Fatshaming: Ein Teufelskreis
Einer der schlimmsten Stressoren gerade für übergewichtige Menschen aber ist die gewichtsbezogene Stigmatisierung, auf Neudeutsch „Fatshaming“ genannt: In dem Glauben, die Betroffenen damit zum Abnehmen bewegen zu können, weist ihr soziales Umfeld sie immer wieder auf ihre Leibesfülle hin, überhäuft sie ungebeten mit Ratschlägen, wie sie ihr Gewicht reduzieren können, drängt sie zu Sport und Diäten und gibt ihnen die Schuld, wenn das nicht funktioniert. Die Betroffenen verlieren dadurch zunehmend an Selbstwertgefühl, fühlen sich diskriminiert (oft werden sie es auch) und ziehen sich immer mehr zurück. Und dies wiederum ist ein massiver zusätzlicher Dauerstress, der sie chancenlos weiter zunehmen lässt und darüber hinaus mit der Zeit auch körperlich und seelisch krank macht. Da kann man es noch so gut gemeint haben, man erreicht damit das genaue Gegenteil.
Gesellschaftliche Verantwortung: Wege aus der Stigmatisierung
Wie kommen wir als Gesellschaft aus dieser Falle wieder heraus? Nun, es gibt bereits einige Institutionen, die sich speziell diesem Thema widmen, wie die Fat Studies in den USA und die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung in Deutschland. Aber vor allem liegt es an uns, dass wir uns von einem in Stein gemeißelten Glaubenssatz befreien, nämlich dem, dass jeder Mensch schlank zu sein hat, um als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Nein, dicke Menschen haben genau so ein Recht auf ein glückliches und erfülltes Leben wie dünne. Und nein, dicke Menschen sind weder faul noch verfressen, im Gegenteil, viele von ihnen haben mehr Erfahrung im Hungern und im körperlichen Verausgaben als ihre schlanken Zeitgenossen. Ja, sie haben Leiden und Verzichten gelernt und sind deswegen oftmals freundlicher und toleranter als dünne. Dicke Menschen sind auch keine unnötige Belastung für unser Gesundheitssystem; Auto- und Motorradfahrer, aber auch Radfahrer und andere Sporttreibende sind einer erhöhten Unfallgefahr ausgesetzt; will man sie ebenso schuldig sprechen, dass sie unser Gesundheitssystem unnötig belasten? Lassen wir doch mal die Kirche im Dorf. Und wenn dicke Menschen hin und
wieder ein etwas sonderbares Verhalten zeigen, dann liegt das oftmals an den seelischen Wunden, die ihre schlanken Mitmenschen ihnen geschlagen haben.
Ein Plädoyer für Akzeptanz: Dicke Menschen und ihr Recht auf ein erfülltes Leben
Wenn wir unseren dicken Mitmenschen wirklich helfen wollen, dann nehmen wir sie mit offenen Armen in unsere Gemeinschaft auf, lassen sie an unseren Freuden und Sorgen teilhaben und nehmen auch die ihren ernst; essen und trinken wir gemeinsam mit ihnen, ohne dumme Bemerkungen zu machen – kurzum: verhalten wir uns ganz normal zu ihnen. Und vor allem mischen wir uns nicht in ihr Leben ein und belästigen sie nicht mit Ratschlägen, die ihnen ohnehin nichts nützen. Dann kann es durchaus passieren, dass diese Menschen, wenn sie wieder neuen Lebensmut schöpfen, irgendwann wieder Spaß an körperlicher Aktivität bekommen, nachts nicht mehr zum Kühlschrank schleichen und wie von selbst ein Pfund nach dem anderen abwerfen, weil sie diesen Panzer gegen den Frust nicht mehr brauchen.
Nun gibt es freilich dicke Menschen wie zum Beispiel mich, die es nach hartem Training und mit der bedingungslosen Liebe ihres Lebenspartners geschafft haben, wieder ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen und die Fatshamer an sich abprallen zu lassen, und die unabhängig genug sind, dass ihnen die täglichen Diskriminierungen nichts mehr anhaben können. Aber, liebe schlanke Mitmenschen, verlasst euch lieber nicht darauf, dass ihr so einen vor euch habt.
Ich jedenfalls fühle mich heute als Teil der Gemeinschaft aller Menschen und möchte das mir Mögliche dazu beitragen, die Spaltung der
Gesellschaft in Dicke und Dünne zu überwinden. Und dazu, liebe Mitmenschen unterschiedlichster Gewichtsklassen, möchte ich euch alle
herzlich einladen, dass wir das gemeinsam schaffen.
Welt-Adipositas-Tag – eine etwas andere Betrachtung, das Fazit in einem Satz: Gemeinsam statt gegeneinander – Ein Appell an die Gemeinschaft!
Über den Autor des Artikels „Welt-Adipositas-Tag – eine etwas andere Betrachtung“: Unser werter Leser und Kommentator Gnubbel zeigt sich als eine Person von bemerkenswerter Neugier und Engagement. Durch seine Beiträge bringt er frische Perspektiven und regt zum Nachdenken an. Seine Art, sich in Diskussionen einzubringen, zeugt von Respekt und Wertschätzung gegenüber anderen Meinungen. Mit einem scharfen Verstand und einem offenen Herzen trägt er zu einem konstruktiven Austausch bei, der sowohl informativ als auch inspirierend ist. Gnubbel hat die Fähigkeit, mit seinen Gedanken und Ideen eine positive Atmosphäre zu schaffen, die andere ermutigt, sich ebenfalls aktiv zu beteiligen.
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Gnubbel 4. März 2025
Für alle, die noch etwas tiefer in die Materie eintauchen möchten, hier noch eine kleine Ergänzung: Habe erst kürzlich wieder das Argument gehört: „Aber es gibt doch Leute, die stehen permanent unter Dampf und nehmen nicht zu.“ Stimmt, die gibt es, ungefähr jeder Vierte gehört zu diesen „Glückspilzen“, deren Gehirn die benötigten Nährstoffe über eine Insulinblockade und einen saftigen Cortisolstoß per Gluconeogene direkt aus den Körpereiweißen bekommt, was mit der Zeit zu Gelenkschäden, Muskelabbau (besonders am Herzmuskel) sowie zu Schäden am Gefäßsystem und am Immunsystem führt. Außerdem sind sie oft von einer Nichtalkoholischen Fettleber, Diabetes und Bluthochdruck betroffen, die das Gefäßsystem noch zusätzlich belasten und nicht selten schon in den Fünfzigern zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen – die sogenannte „Managerkrankheit“. Da das Cortisol darüber hinaus Fettzellen im Bauchbereich anlegt, damit die Leber auf dem „kurzen Dienstweg“ daraus Ketonkörper herstellen kann, ist dieser „Cortisolbauch“ (vor allem, wenn er sich von außen eher hart anfühlt) bei ansonsten schlanker Silhouette ein zuverlässiger Marker dafür, dass hier etwas gehörig schief läuft.
Bei den anderen drei Vierteln stumpft diese Stressreaktion mit der Zeit ab und wird durch eine erzwungene Nahrungszufuhr von außen, dem „Frustfressen“, ersetzt. Der Preis dafür ist, dass sich der Überschuss, wie schon im Artikel beschrieben, an Rippen und Hüften wiederfindet. Die „ausgleichende Gerechtigkeit“ ist, dass hochwertige Studien, auf die sich Achim Peters in seinem Buch „Mythos Übergewicht“ beruft, ergeben haben, dass vom alltäglichen Dauerstress geplagte Dicke tatsächlich viel seltener unter den genannten Folgeerscheinungen leiden als ihre dünnen Leidensgenossen, die sich oftmals über sie lustig machen. Nun, welches Schweinderl hättens‘ denn gern?
Gnubbel 4. März 2025
Testfrage an den interessierten Leser: Wie schätzt du das gesundheitliche Risiko der oben abgebildeten Rubensdame ein, wenn man mal von ihrer wilden Entschlossenheit zum Harakiri absieht? 😉