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Umkehrung von Typ-2-Diabetes, die Evidenz

Typ-2

„Umkehrung von Typ-2-Diabetes mit bariatrischer Chirurgie, sehr kalorienarmer Ernährung und Kohlenhydratbeschränkung: Eine Bestandsaufnahme der Evidenz“ ist eine Übersetzung des Artikels „Reversing Type 2 Diabetes with Bariatric Surgery, Very Low Calorie Diets, and Carbohydrate Restriction: A Review of the Evidence“ von Dr. Sarah Hallberg erschienen auf der Website von Virta Health, am 08. April 2019.

 

Umkehrung von Typ-2-Diabetes mit bariatrischer Chirurgie, sehr kalorienarmer Ernährung und Kohlenhydratbeschränkung: Eine Bestandsaufnahme der Evidenz

 

In den Kategorien: Wirtschaftliche Konsequenzen

 

Umkehrung von Diabetes-Typ-2

Typ-2-Diabets (T2D) wurde lange als fortschreitende, unheilbare chronische Erkrankung angesehen, nicht zuletzt deshalb, weil das Potenzial traditioneller Behandlungsmaßnahmen, die Krankheit umzukehren, begrenzt war. Es gibt allerdings neuere Forschung, die darauf hindeutet, dass eine Umkehrung durch drei Methoden möglich ist: bariatrische Chirurgie, kalorienarme (KDs) oder sehr kalorienarme Diäten (SKDs) und Kohlehydratbeschränkung.

 

Ich habe kürzlich eine narrative Rezension von 99 Originalartikeln veröffentlicht, die die Evidenz für eine Typ-2-Diabetesumkehrung mit jeder der drei Umkehrmethoden untersucht. Wir haben die Vorteile und Grenzen der einzelnen Methoden im Folgenden zusammengefasst.

Definition: Umkehrung von Diabetes

Nach unserer Definition bedeutet „Umkehrung“ das Halten eines HbA1c-Wertes von unter 6,5 % ohne den Einsatz von glykämischen Kontrollmedikamenten. Wir haben Metformin von diesen Kriterien ausgeschlossen, da es nicht allein bei Diabetes eingesetzt wird – viele Menschen entscheiden sich aus anderen Gründen als Blutzuckerkontrolle, Metformin weiterhin einzunehmen.

 

Das Gesundheitssystem fördert die Umkehrung von Diabetes für gewöhnlich nicht, und sie wird gemäß den Leitlinien der American Diabetes Association (ADA) nicht als Behandlungsziel angestrebt. Die Interventionen, die wir im Folgenden skizzieren werden, sind im Allgemeinen nicht Teil die Standard-Erstlinientherapie, und die Beweise zeigen, dass die Standardtherapie so gut wie nie zu einer Umkehrung des Diabetes führt (1). Dies wirft die Frage auf, ob die Standardtherapie das optimale Verfahren ist und ob Umkehrmethoden in die Standard-Erstlinientherapie aufgenommen werden sollten.

 

Diabetes-Umkehr-Intervention 1: Bariatrische Chirurgie

 Die in den USA am häufigsten durchgeführten bariatrischen Chirurgieverfahren sind laparoskopische und robotergestützte Roux-en-Y-Magenbypassoperationen (RYMO) sowie Magenschlauchbildung (MSB).

 

Anatomisch gesehen verkleinern beide den Magen, wobei RYMO zusätzlich den Dünndarm umleitet. Es hat sich auch gezeigt, dass bariatrische Chirurgie Veränderungen in der Freisetzung von Darmhormonen verursachen, die sich auf Essen, Hunger und Sättigung auswirken können (2) und die Darmflora verändern (3-9).

 

Vorteile der bariatrischen Chirurgie:
  • Einseitige Verbesserung der Glykämie nach der Operation (10)
  • Hohe Umkehrrate für T2D im Vergleich zu Gruppen ohne chirurgischen Eingriff (13)
  • Dreijährige Remissionsraten von bis zu 68,7 % nach RYMO (14)
  • Rapide Verbesserungen des Blutzuckerspiegels (innerhalb von Stunden bis zu wenigen Tagen), die wahrscheinlich entero-endokrine Reaktionen auf den veränderten Fluss des Darminhalts (d. h. die Signalgebung der Gallensäure und Veränderungen der Mikrobiota und ihrem Metabolom) sind (15).

 

Nachteile der bariatrischen Chirurgie:
  • Operationen jeglicher Art können mit Komplikationen verbunden sein, die zu Morbidität oder Mortalität führen. Die Komplikationsraten betragen 13% für MSB, und 21% für RYMO (16).
  • Erhebliche Kosten für den Patienten, das Gesundheitssystem und Krankenversicherungen (in den USA durchschnittlich 14.389 US$). Diese Kosten könnten durch Ersparnisse bei Medikamenten wieder ausgeglichen werden. Vor der Operation geben Patienten jährlich mehr als 10.000 US$ für Medikamente aus. Nach der Operation sinken diese Kosten auf weniger als 2.000 US$ pro Jahr. Andere Analysen zeigen, dass die Operationen wahrscheinlich kostengünstig sind, besonders bei adipösen Patienten (17-20).
  • Erhöhtes Risiko für langfristige Nebenwirkungen. Zu den wichtigsten gehören Medikamentenunverträglichkeit, Infektion, Anastomoseninsuffizienz, venöse und thrombo-embolische Komplikationen (21-25).

Diabetes-Umkehr-Intervention 2: Kalorienarme und Sehr Kalorienarme Diäten (KDs/SKDs)

Mehrere Studien haben erfolgreichen Gewichtsverlust und verminderte Insulinresistenz und Medikamentenbedarf als Ergebnis einer KD oder SKD nachgewiesen. Der Gesamtkalorienverzehr pro Tag in Studien über SKDs lag zwischen 400 und 800 kcal. KDs lagen bei 825 bis 1.800 kcal pro Tag und waren im höheren Kalorienbereich erheblich weniger effektiv. Die Forschung deutet darauf hin, dass KD kurzfristig (bis zu zwei Jahren) Diabetes wirksam umkehren, besonders bei Patienten, die erst kürzlich diagnostiziert wurden.

 

Vorteile von KDs und SKDs:
  • Rapide Verbesserung der glykämischen Kontrolle. Eine kalorienarme Diät von 900 kcal und mit 115g Eiweiß führte zu einer deutlichen Verbesserung der glykämischen Kontrolle, was auf erhöhte Insulinsensitivität zurückgeführt wurde (26).
  • Kurzfristig effektiv. Eine SKD und Magenbypassoperation waren im Hinblick auf Gewichtsverlust und die Verbesserung von Glukose- und HbA1c-Werten bei adipösen Patienten mit T2D kurzfristig gleichermaßen effektiv (27). DiRECT (Diabetes Remission Clinical Trial), eine gemeinschaftsbasierte, cluster-randomisierte klinische Studie mit 306 relativ gesunden Teilnehmern mit T2D (denen eine 825 kcal/Tag-Diät mit Diät-Shake für 3-5 Monate verordnet wurde) ergab, dass 46 % der Patienten nach einem Jahr die Studienkriterien der Diabetesremission erfüllten (HbA1c <6,5% ohne antiglykämische Medikamente). Dieser sank nach zwei Jahren auf 36 % (28,29).

 

Nachteile von KDs und SKDs:
  • Insgesamt nur schwer einzuhalten. In einer Studie konnten die mit Diät behandelten Patienten ihr Gewicht nur für drei Monate halten, was Schwierigkeiten mit der langfristigen Einhaltung erwarten lässt (30). Andere Studien berichteten über ein ähnliches Muster einer frühen Blutzuckernormalisierung ohne Medikamenteneinnahme, die aber nicht langfristig wirksam war (31-33). Eine Studie zeigte, dass eine SKD in der Lage war, den Glukosespiegel innerhalb einer Woche zu normalisieren. Allerdings kehrte bei mehr als einem Viertel der Patienten der Diabetes nach 12 Wochen zurück, bei einer durchschnittlichen Gewichtszunahme von 20 % (34).
  • Erfordert erhebliche Kalorienbeschränkung. Um den Gewichtsverlust zu erzielen, der für die Diabetesumkehr erforderlich ist, ist eine erhebliche Kalorienbeschränkung notwendig. Kurzfristige Interventionen mit moderater Energiebeschränkung und Metformin (was zu bescheidenem Gewichtsverlust führte) waren bei der Diabetesumkehr weniger erfolgreich als die Standardtherapie für Diabetes (35).
  • Eine starke Energiebeschränkung kann negative Langzeitfolgen haben. Studien deuten darauf hin, dass der Körper als Reaktion auf die Kalorienbeschränkung eine physiologische und metabolische Anpassung durchläuft, was die Energiebilanz und die hormonelle Regulierung des Gewichts nach einem Gewichtsverlust auf Gewichtszunahme umstellen kann (36).
Diabetes-Umkehr-Intervention 3: Kohlenhydratbeschränkung

Bevor im Jahr 1921 Insulin entdeckt wurde, war eine kohlenhydratearme Diät (KAD) die Standardtherapie für Diabetes (37). Mit dem Aufkommen von exogenem Insulin wurde Blutzuckerkontrolle durch den Einsatz von Medikamenten zum Ziel, anstatt das Ansteigen des Blutzuckerspiegels durch verminderte Kohlenhydrate in der Ernährung zu verhindern. Als Reaktion auf aktuelle Studien hat der Gedanke, Blutzuckererhöhungen durch Kohlenhydratbeschränkung zu vermeiden, den Weg zurück in die Mainstream-Standardtherapie gefunden. Kohlenhydratarme Diäten werden nun von der ADA, der European Association for the Study of Diabetes (EASD) und der Veterans Affairs/ Department of Defense befürwortet (38-40).

 

Eine kohlenhydratarme Ernährung beschränkt die Kohlenhydrate typischerweise auf weniger als 130 Gramm pro Tag und eine ketogene Ernährung auf 20 bis 50 Gramm pro Tag.

 

Vorteile der Kohlenhydratbeschränkung:
  • Höchst effektiv. In unserer veröffentlichten Studie, die eine signifikante Unterstützung durch den Einsatz einer kontinuierlichen Betreuungsintervention (KBI) bietet, untersuchten wir mit einer kohlenhydratarmen Ernährung bei Patienten mit T2D (n=262) im Vergleich zu Patienten mit T2D unter herkömmlicher Therapie (n=87) (41). Nach einem Jahr war der HbA1c-Wert in der KBI-Gruppe um 1,3 % gefallen, wobei 60 % derer, die die Studie beendeten, einen HbA1c-Wert von unter 6,5 % ohne blutzuckersenkende Medikamente (außer Metformin) erzielten. 94 % der Probanden konnten Insulin entweder reduzieren oder ganz absetzen. Die meisten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wiesen signifikante Verbesserungen auf (41). In der Gruppe der Patienten unter herkömmlicher Therapie konnten keinerlei Verbesserungen festgestellt werden. Eine weitere 34-wöchige Studie (43) ergab, dass eine ketogene Ernährungsintervention (20 – 50 g Netto-Kohlenhydrate pro Tag) dazu führte, dass der HbA1c-Wert bei 55 % der Patienten unter den Schwellenwert für Diabetes fiel, verglichen mit 0 % der Patienten bei einer fettarmen Diät.
  • Erfordert keine Kalorienbeschränkung. Die Patienten werden angewiesen, ihre Kohlenhydrataufnahme sorgfältig einzuschränken, Eiweiß in Maßen zu sich zu nehmen und Nahrungsfette bis zur Sättigung zu konsumieren.
  • Mit Unterstützung nachhaltig. Die einjährige Verbleibquote in unserer kontinuierlichen Betreuungsintervention betrug 83 %, was darauf beweist, dass eine Kohlenhydratbeschränkung ohne kalorische Beschränkung eingehalten werden kann (41).
  • Kosteneffizienter als bariatrische Chirurgie.
  • Effektiver als Gesamtkalorienbeschränkung. Eine Studie, die eine ad libitum (ohne kalorische Beschränkung), sehr kohlenhydratarme (<20 g pro Tag) Ernährung mit einer energiebeschränkten, niedrig-glykämischen Ernährung bei T2D-Patienten verglich, ergab eine Stärkere Senkung des HbA1c-Wertes, sowohl des Gewichts als auch des Insulinspiegels in der kohlenhydratarmen Gruppe (44). Nach 24 Wochen war es 95 % der Teilnehmer in der kohlenhydratarmen Gruppe gelungen, ihre Blutzuckerkontrollmedikamente entweder zu reduzieren oder ganz anzusetzen, im Vergleich zu 62 % in der niedrig-glykämischen Gruppe. Eine kleine (34 Teilnehmer) einjährige Studie einer ad libitum, sehr kohlenhydratarmen Diät im Vergleich zu einer kalorienbegrenzten Diät mit moderatem Kohlenhydratkonsum ergab eine bedeutende Senkung des HbA1c-Wertes in beiden Gruppen, wobei die kohlenhydratarme Gruppe jedoch die besseren Ergebnisse erzielte (45).
Nachteile der Kohlenhydratbeschränkung:
  • Benötigt häufig Unterstützung. Viele dieser Studien enthielten eine Aufklärungskomponente, und die Bestimmung der geeigneten Unterstützungsmethode kann der Schlüssel zum Gesamterfolg bei der Umkehrung der Krankheit sein.
  • Die Ergebnisse sind vielversprechend, aber es werden langfristige Folgestudien benötigt. Folgestudien haben gezeigt, dass Nachhaltigkeit nach zwei Jahren erreicht werden kann, so dass längerfristige Studien erforderlich sind, um die Nachhaltigkeit darüber hinaus zu ermitteln

Dr. Sarah Hallberg, 8. April 2019

 

Vielen herzlichen Dank für die Übersetzung des interessanten Artikels, liebe Melanie Ryan.

 

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