Unser Teammitglied Ulrike Gonder ist die bewährte Expertin, wenn es um gesättigte Fettsäuren geht. Im fetten Wissenshäppchen klärt sie uns über eine publizierte Studie zum Thema Herz und gesättigte Fette auf, vielen Dank dafür. Wer noch viel mehr über Fett wissen möchte, dem empfehlen wir den Kurs „Fettes Wissen“. Damit Sie sich ein besseres Bild machen können, was Sie in diesem Kurs erwartet, gibt es hier eine Leseprobe für Sie.
Fette Wissenshäppchen
von Dipl. oec. troph. Ulrike Gonder
Endlich bewiesen: Gesättigte Fette sind schädlich fürs Herz – oder?
Den gesättigten Fettsäuren droht erneut schlechte Presse – ich sehe die Schlagzeilen schon vor mir. Nicht nur, dass die demnächst erscheinenden amerikanischen Ernährungsempfehlungen (DGA 2020) die alten Fehl- und Vorurteile gegenüber gesättigten Fettsäuren beibehalten, obwohl es keine Evidenz dafür gibt (1). Zudem veröffentlichte die Cochrane Collaboration, ursprünglich einmal ein Hort der evidenz-basierten Medizin, kürzlich eine Überarbeitung ihrer systematischen Bewertung von Studien zum Thema gesättigte Fettsäuren, Sterblichkeit und Herz- und Gefäßerkrankungen. In der laienverständlich verfassten Zusammenfassung der „neuen“ Version ist zu lesen: „Die Auswertung fand, dass eine Reduktion von gesättigten Fettsäuren das Risiko von Herz- und Gefäßkrankheiten (dazu gehören Herzkrankheiten und Schlaganfall) um 21 % verringert, das Sterberisiko jedoch nur gering beeinflusst. … die gesundheitlichen Vorteile entstanden durch den Austausch von gesättigten Fettsäuren durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren und stärkereiche Lebensmittel“. Also doch das Brot wieder dicker schneiden und mit Butter, Sahne und Fleisch geizen?
Irreführende Fehlinformationen
Weiter als die zitierten Aussagen kann man sich kaum von der Evidenz entfernen. Wer den knapp 300 Seiten starken Bericht einmal durchblättert, wird schnell stutzig. Denn darin sind viele Ergebnisse der Studienanalysen aufgelistet. Sie lauten:
- Kein (!) signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und der Sterblichkeit insgesamt
- Kein (!) signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und der Sterblichkeit an Herz-/Gefäßerkrankungen
- Kein (!) signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und dem Risiko eines Herzinfarktes
- Kein (!) signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und dem Risiko eines nichttödlichen Herzinfarktes
- Kein (!) signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und dem Risiko eines Schlaganfalles
- Kein (!) signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und dem Risiko, an einer koronaren Herzkrankheit zu versterben
- Kein (!) signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und dem Risiko, an einer koronaren Herzkrankheit zu erkranken
Einzig, wenn die Risiken für Herz- und Gefäßkrankheiten zusammengefasst untersucht wurden, fand sich bei reduzierter Zufuhr gesättigter Fettsäuren ein signifikant um 21 % verringertes Risiko. Genau dies wird der Öffentlichkeit und der Presse als Hauptergebnis präsentiert. Allerdings waren hier auch Studien eingeschlossen, bei denen nur die Absicht bestand, die gesättigten Fettsäuren zu senken. Wurden nur die Studien berücksichtigt, in denen auch tatsächlich weniger gesättigte Fettsäuren konsumiert worden waren, fand sich auch hier kein Zusammenhang mehr.
Wiederholungstäter
Dieser Cochrane-Review von Lee Hooper und ihrem Team ist der vierte in Folge. Die kritische Durchsicht aller Versionen, die wir insbesondere der britischen Ernährungsforscherin Dr. Zoë Harcombe verdanken (3), fand, dass die vorliegenden Studien noch nie belastbare Daten zur Verurteilung gesättigter Fettsäuren geliefert haben. Neue Studien gibt es nicht, also auch keine neue Evidenz. Daher können auch die üblichen „offiziellen“ Ernährungsempfehlungen – wenig Fett, wenig gesättigte Fettsäuren – niemals evidenz-basiert sein, auch künftig nicht! Denn um evidenz-basiert zu sein, hätte die Evidenz vor der Formulierung der Empfehlungen vorliegen müssen. Dennoch werden auch diese „neuen“ Anschuldigungen gegen gesättigte Fettsäuren bzw. die daraus abgeleiteten Ernährungsempfehlungen mit Sicherheit wieder unkritisch übernommen.
Angesichts des Vorgehens der Cochrane-Autoren muss die Frage erlaubt sein: Cui bono – wem nutzt dieses geradezu freche und die Öffentlichkeit irreführende Verhalten?
Was heißt das für LCHF? Hier werden Kokosfett, Milchfett und Fleischfett, also natürliche Lebensmittel, die besonders reich an gesättigten Fettsäuren sind, aus gutem Grund geschätzt und je nach geschmacklicher Vorliebe und individueller Verträglichkeit auch gern genutzt. Die „neuen“ Publikationen bringen keinerlei neue Erkenntnisse – und daher sind sie auch kein Anlass, diese Praxis zu ändern.
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Neuigkeiten
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Margret Ache und Iris Jansen / www.LCHF-Deutschland.de und LCHF Deutschland Akademie und LCHF Kongress und LCHF Magazin
Quellenangabe: Endlich bewiesen: Gesättigte Fette sind schädlich fürs Herz – oder?
- https://www.nutritioncoalition.us/news/experts-again-condemn-saturated-fats
- Hooper, L et al.: Cochrane Database of Systematic Reviews 2020; Ausgabe Nr. 5, Artikel Nr. CD011737, https://www.cochrane.org/CD011737/VASC_effect-cutting-down-saturated-fat-we-eat-our-risk-heart-disease
- https://www.zoeharcombe.com/2020/06/cochrane-saturated-fat-reviews/
Bildnachweise
Titelbild: Prostock-studio / Envato.com
Bild im Text: Ulrike Gonder