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Ketolumne XV: Keto auf Dauer – Interview mit Christiane Wader

Ketolumne XV: Keto auf Dauer – Interview mit Christiane Wader

Erschienen im Low Carb – LCHF Magazin 1/2018.

 

2010 hatte ich meine erste Krebsdiagnose, Brustkrebs mit 27 Jahren. Ein Jahr nach meiner erfolgreichen Therapie (Chemotherapie, Operation und Bestrahlung) folgte die Diagnose von multiplen Lebermetastasen. Im Rahmen der Untersuchungen hinsichtlich meiner erneuten Diagnose, bekam ich radioaktiv markierte Glukose für ein PET CT gespritzt – da Zucker zu Entzündungen im Körper „rennt“. Durch die Radioaktivität strahlen die Entzündungen hell auf! Krebs ist eben eine solche Entzündung. Ach!

 

Im Rahmen meiner Recherche lernte ich Prof. Ulrike Kämmerer und ihre Forschungen über der ketogenen Ernährung bei Krebs kennen. Der Tag X unseres Zusammentreffens hat sich gerade zum 6 mal gejährt. Seitdem bin ich in einer Dauerketose und metastasenfrei.

 

Die ausführliche Geschichte ist auf der Homepage LCHF Deutschland und auf www.ketolumne.de zu finden.

Wusstest Du von Anfang an, dass Du die ketogene DIät auf Dauer machen wirst?

Christiane Wader:
Prof. Kämmerer empfahl mir vor sechs Jahren, die ketogene Ernährung entweder durchgängig oder eben als sogenannte „Kuren“ für mindestens drei Monate streng durchzuführen. Ich habe mir dann im Februar 2012 das Ziel gesetzt, die ersten gesundheitlich kritischen zwei Jahre durchzuhalten, streng ketogen ohne Ausnahmen. Schließlich stand meine Gesundheit im Fokus und das war und ist immer noch für mich Begründung genug, um die Diät ernst zu nehmen. Dennoch wollte ich mir damals offenhalten, was ich nach diesen zwei Jahren mache: ob ketogenen Ernährung, „nur“ noch LCHF oder eine Mischform. Man braucht ein zu schaffendes Ziel! Damals wusste ich noch nicht, wie leicht oder schwer mir die Umstellung und auch Durchführung fallen wird! 2014 war ich überrascht, wie schnell und einfach die Zeit, mein erstes Etappenziel über zwei Jahre, verflogen war und beschloss einfach immer weiterzumachen.

 

Ist es denn gerade bei Krebspatienten relevant, in strikter Ketose zu leben?

Christiane Wader:
Ja, ein ständiger Wechsel zwischen Zucker- und Fettstoffwechsel ist für den Körper anstrengend und gerade ein Krebspatient sollte sich seine Energie für die Heilung und Regeneration während und nach der Standardtherapie aufsparen. Zusätzlich profitiert ein Krebspatient von den wertvollen Ketonkörpern. „In die Ketose zu kommen“ kann schon mal ein paar Tage dauern und es wäre ja total schade, wenn ein Patient sich ständig Mühe gibt, aber wegen seinen „sonntäglichen“ Ausrutschern seine Leber dann doch nur maximal drei Tage die Woche Ketonkörper produziert. Daher macht es für einen Krebspatienten absolut Sinn, dauerhaft in der Ketose zu sein. Eine dauerhafte Ketose schafft man allerdings nur mit dem ersthaften Durchziehen einer strengen ketogenen Ernährung.

 

Bedeutet dies, dass man als Krebspatient die ketogene Ernährung nur durchführen darf, wenn man es ganz strikt macht?

Christiane Wader:
Zumindest macht es mehr Sinn und wäre andersherum schade für die Mühe die man sich neben der Standardtherapie gibt. Aber wenn Jemandem die ketogene Ernährung arg schwerfällt, dann gibt es vielleicht doch den ein oder anderen alternativen Weg. Gerade Patienten in der Nachsorge, ohne aktive Tumore, können sich überlegen die ketogene Ernährung mit einer LCHF-Ernährung im Wechsel für je drei Monate durchzuziehen. Dies ist zusätzlich eine relaxtere Aussicht und manch einer schafft so ggf. eher, den Mut aufzubringen, sich für die ketogene Ernährung zu entscheiden. Ebenso kann man so auch die weiteren LCHF Gedanken leben und die Lebensmittel regional und saisonal besser anpassen.

 

Ist die Durchführung der ketogene Diät für Dich heute anders als noch vor sechs Jahren?

Christiane Wader:
Ja klar. Aus verschiedenen Gründen! Zum einen bin ich erfahrener, die alltäglichen Speisen wiegt man definitiv nicht mehr ab. Die Zubereitung geht viel schneller, man kennt seine typischen Rezepte und kann den Alltag einfach besser organisieren. Zusätzlich traut man sich mehr. Im Restaurant wird man routinierter, da man eben die Nährwerte der meisten Rohstoffe auswendig kennt. Man wird ebenso routinierter die Gerichte dort zu ketogenisieren und weiß, wie man bestellt, bei der Bedienung und gar beim Koch direkt. Es genügt zum Beispiel nicht nur zu bitten, dass der Fisch nicht mehliert werden soll. Es kann ansonsten sein, dass von einer Glutenabhängigkeit ausgegangen wird und anstatt Weizenmehl, Reis- oder Maismehl verwendet wird. Ebenso wird man mutiger in den Urlaub zu fahren.

 

Wer meine Ketolumne kennt weiß, dass ich mittlerweile auch sehr experimentell und unter einfachen Verhältnissen verreise. Mit ein bisschen Übung und Organisation schafft man auch dies sehr gut und bereichernd. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass low carb bekannter und angesehener wird. Auch seitdem vegan und paleo gesellschaftsfähig
geworden ist, gibt es einfach viel mehr Produkte im Einzelhandel. Selbst auf meiner Lieblingsinsel Langeoog gibt es mittlerweile Mandelmehl im Edeka und auch in meinem neuen Wohnort mit nur 2600 Einwohnern gibt es Leinsamenmehl, Mandelmehl, Kokosmehl und Erythrit im örtlichen Supermarkt. Sogar Goldleinsamen, Guarkernmehl und Kokosöl findet man mittlerweile fast in jedem Laden. Das war definitiv vor 6 Jahren völlig anders, ich bekam fast nichts im normalen Supermarkt und nur vereinzelt Spezialprodukte im Reformhaus.

 

Musst Du denn immer noch verzichten? Was ist anders, damals und heute?

Christiane Wader:
Vielleicht empfand ich das Thema Verzicht seit meiner Erkrankung etwas anders. Schließlich war meine Gesundheit die Motivation und das hat mich ganz automatisch vieles akzeptieren lassen. Dies gilt für die Akzeptanz meiner Therapien, wie auch für die Umstellung der Ernährung und auch für den kontinuierlichen Sport. Natürlich habe ich auch auf die Bewegung mal keine Lust. Der Schweinehund wird allerdings immer recht schnell überwunden, wenn ich daran denke, warum ich 5–6 Mal die Woche min. 35 Minuten Ausdauersport mache. Ziemlich ähnlich bin ich vor sechs Jahren die Umstellung der Ernährung angegangen. Ich habe mich motiviert auf alle Informationen gestürzt und stets versucht die Ernährung so gut und lecker wie möglich hinzubekommen – eben damit ich nicht verzichten muss. Einen Verzicht hat man lediglich an Zeit und Aufwand, aber dies kann man auch als Bereicherung wegen der Wissenserweiterung werten 😉 – es kommt immer auf die Grundeinstellung an!

 

Heute ist der sogenannte Verzicht natürlich etwas anders als vor sechs Jahren. Auf der einen Seite wird man mit allen Vorbereitungen routinierter und schneller, aber man muss eben auch immer noch so einiges Vorbereiten, z.B. beim Urlaub oder bei Besuchen etc.. Natürlich nervt das manchmal, gerade wenn man etwas sehr spontan angehen möchte. Auf der anderen Seite habe ich stets einiges vorbereitet herumliegen, um es schnell einpacken zu können. Vieles hat man in der Anfangszeit aus Vorsicht zu viel vorbereitet, der Erfahrung nach weiß man nun was man tatsächlich benötigt. Ab und an gibt es so tolle Ereignisse wie in der letzten Adventszeit: Ein Winzer in meinem Heimatort hat einen ganz trockenen Rotwein mit Gewürzen versetzt, der Grundglühwein hat weniger als 1 Gramm Kohlenhydrate auf einem Liter. Mit ein wenig Erythrit wurde dies mein erster Glühwein seit sechs Jahren! Das war wunderbar und gab mir das Gefühl von totaler Normalität. Ansonsten stehe ich immer mit auf dem Weihnachtsmarkt und verzichte eben auf Glühwein. Aber dennoch ist es toll, einfach so etwas Leckeres und typisches für unsere Weihnachtszeit trinken zu 30 können. Weihnachten standen meine Schwester und ich in Hausschlappen und Wintermantel auf der Terrasse und tranken den Glühwein traditionell draußen 😉

 

Hat sich denn mittlerweile etwas in der Akzeptanz der Ärzte geändert?

Christiane Wader:
Sehr unterschiedlich. Meine eigenen Ärzte fragen immer mehr nach den ersten Studienergebnissen. Sie wären viel offener Empfehlungen an Patienten weiter zu geben, wenn wiederum eine Empfehlung in den Leitlinien stünde. Dank meinem Verlauf sind sie sehr interessiert und ich hoffe sehr, dass die Doktoranden von Prof. Ulrike Kämmerer dieses Jahr noch so einige Veröffentlichungen machen werden. Dennoch hört man immer noch sehr oft, dass der arme Patient sich nicht so quälen soll: Naja, quälen muss sich eigentlich nur der, der sich nicht informiert und nicht weiß, was man alles Leckeres essen darf. Weiterhin hört man oft, dass der Patient auf keinen Fall noch dünner werden darf. Ich habe mit der ketogenen Ernährung mittlerweile schon 10 Kilogramm seit der letzten Chemotherapie zugenommen. Zusätzlich kann man mit der ketogenen Diät etwas gegen die Insulinresistenz bei Krebspatienten tun und dies ist ein leider zumeist vergessenes Thema seit dem Medizinstudium.

 

Daher ist es immer noch die Aufgabe von uns allen, die Ärzte zu ermutigen sich zu informieren und im Anschluss den Ernährungsberatern zu erlauben, sich schulen zu lassen. Denn nur durch die noch bestehende Unwissenheit über die Durchführung der ketogenen Ernährung wird oft eine lediglich durch Vorsicht getriebene Angst weitergegeben. Immerhin geben schon einige Ernährungsberater zu, dass oft lediglich die Patienten die Ernährungsumstellung falsch angehen und daher die negativen Folgen überwiegen.
Ja, daher lasst sie doch beraten werden. Lasst die Ernährungsberater wissen, wie eine ketogene Ernährung funktioniert. Nur so kann ein Patient die ketogene Ernährung korrekt durchziehen
und von den zahlreichen Vorteilen profitieren.

 

Bildrechte: Christiane Wader

 

Lesen Sie passend dazu auch die Ketolumne III “ Keto bei Krebs – im Restaurant “ erschienen im LCHF Magazin März 2015.

 

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