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Ketose, Fettverbrennung und metabolische Flexibilität

Dieser Artikel ist zuerst auf paleolowcarb.de veröffentlicht worden.

Falls Du mit dem Thema noch nicht so vertraut bist, dann lies doch bitte vorher den Artikel „Ketose verstehen“.

In diesem Artikel werden wir uns nur mit zwei Fragen beschäftigen:

1. Was bedeutet metabolische Flexibilität und 2. Muss man in Ketose sein um Fett zu verbrennen?

Was bedeutet metabolische Flexibilität?

Es bedarf eines Shuttle-Systems, um Fettsäuren durch die innere Mitochondrienmembran zu transportieren (Carnitin-Shuttle). Wir benötigen also, verschiedene „LKWs“ um entweder Fettsäuren oder Glucose in die Zelle zu schleusen. Läuft dein Körper hauptsächlich auf Zucker, dann gibt es keinen Bedarf für die Fett-LKWs und es werden in erster Linie nur „Zucker-LKWs“ bereitstehen.

Stellen wir auf eine LCHF-Ernährung um, dann braucht es eine Weile bis ausreichen Fett-LKWs bereitgestellt werden. Aus diesem Grund fühlt man sich am Anfang müde,  schlapp und energielos. Je öfter und je länger der Körper hauptsächlich Fett zur Energiegewinnung nutzt, um so größer ist der Fuhrpark und es kann schneller zwischen „Fett-LKWs“ und „Zucker-LKWs“ gewechselt werden. Diesen Zustand bezeichnet man als metabolische Flexibilität.

Bedeutet LCHF automatisch auch, dass man Ketone produziert?

Die Antwort ist ganz klar, nein. Nur weil man sich nach LCHF ernährt, bedeutet das noch lange nicht, dass man auch Ketone produziert. Das ist aber auch nicht schlimm. In den meisten Fällen ist es aber so, dass durch die erhöhte Sättigung, die durch LCHF erreicht wird, es automatisch zu längeren Zeiträumen ohne Nahrungsaufnahme kommt. Viele fühlen sich sehr wohl dabei, einfach mal das Abendessen auszulassen und am nächsten Tag erst um 11:00 ein spätes Frühstück einzunehmen. Fastenphasen zwischen 12 und 16 Stunden nennt man auch intermittierendes Fasten. In solchen Phasen der Nahrungskarenz werden sicherlich Ketone produziert.

Fat adapted vs. keto-adapted

In der Literatur wird oft zwischen „fat adapted“ und „keto adpated“ unterschieden. Durch LCHF zwingen wir den Körper bevorzugt Fett zur Energiegewinnung zu nutzen. Das heißt alle Signalwege, Enzymproduktion, Transportwege, etc., die mit Fettoxidation zu tun haben, werden hochreguliert. Gewebe, welches nicht unbedingt auf Glucose angewiesen ist, bevorzugt Fettsäuren und Ketonkörper gegenüber Glucose. Dies ist eine wichtige Anpassung, denn es gibt ein paar Zellen, die unbedingt Glucose brauchen, wie zum Beispiel die roten Blutkörperchen, die Zellen der Nebenniere und zu einem gewissen Prozentsatz auch das Gehirn.

Diese Anpassungen würde ich als Fett-Adaption bezeichnen. Begibt man sich immer wieder in Ketose, so werden auch die damit verbundenen Signalwege und Enzymschritte hochreguliert. Anfangs sind die Ketonwerte im Blut (Beta-Hydroxybutyrat) oft recht hoch. Je länger man in Ketose ist, flacht sich diese Kurve etwas ab. Dafür gibt es mehrere Gründe:

  1. Der Körper wird effizienter in der Einschätzung des Ketonbedarfs.
  2. Gewebe, welches Fettsäuren oxidieren kann, macht dies primär und Ketonkörper stehen in erster Linie, jenen Geweben und Organen zur Verfügung, die auf die Ketone angewiesen sind, wie z.B das Gehirn.

Wird der Körper gut darin Ketonkörper zu produzieren und diese zu nutzen, dann spricht man von Keto-Adaptierung. Man kann Fett-adaptiert sein, ohne Keto-adaptiert zu sein. Jedoch, Umgekehrtes ist nicht möglich. Ohne Fett-Adaption keine Keto-Adaption.

Was ist der Vorteil metabolischer Flexibilität?

Flexibilität ist in vielen Lebensbereichen eine günstige Eigenschaft. Schon Charles Darwin hat gesagt „Der Organismus überlebt, der am besten angepasst ist“. Die Fähigkeit sich geänderten Umweltbedingungen anzupassen, geht Hand in Hand mit der Fähigkeit flexibel zu sein. Das gleiche gilt auch für unseren Körper und dafür, auf welche „Energiereservoirs“ er zugreifen kann und wie schnell er zwischen den Reservoirs wechseln kann. Metabolisch flexibel zu sein, bedeutet, nicht von einer Energiequelle abhängig zu sein, sondern, je nach Bedarf, die eine oder die andere Quelle bevorzugen zu können. Ich vergleiche das gerne mit einem Hybridmotor.

Es hat noch weitere Vorteile, den Körper auf metabolische Flexibilität zu trainieren. Der Speicherkapazität für Zucker, also unser Tank“ ist relativ klein und reicht nur für ca. 2 Tage. Der „Fett-Tank“ ist im Vergleich dazu regelrecht gigantisch. Ein normalgewichtiger, erwachsener Mann könnte bis zu 2 Monate von den Fettreserven alleine leben. Zu alle dem ist Fett die „sauberere“ Energie. Das heißt, bei der Energiegewinnung im Körper entstehen weniger freie Radikale, als bei der Energiegewinnung aus Zucker.

Muss man in Ketose sein, um Fett zu verbrennen?

Kurz gesagt, nein. Aber es erleichtert die Sache ungemein.

Wir befinden uns die meiste Zeit in einem Mischzustand. Es werden also gleichzeitig Glucose und Fettsäuren zur Energiegewinnung herangezogen. Wie die genaue Aufteilung aussieht, ist jedoch recht variabel. Faktoren wie Puls, metabolische Gesundheit und hormonelles Umfeld bestimmen,  welcher Makronährstoff primär genutzt wird.

Besitzen wir keine ausreichende metabolische Flexibilität, oder behindert Insulin den Fettabbau, dann wird in erster Linie Zucker verstoffwechselt. Wer alle 3 Stunden hungrig wird, leicht zittrig und unausstehlich, wenn mal eine Mahlzeit ausfällt, dessen Körper läuft in erster Linie auf Zucker und nicht auf Fett.

Fettoxidation, wie die Mobilisierung zur Energiegewinnung tatsächlich heißt, wird in erster Linie durch die Hormone Insulin und Glucagon gesteuert.

Steigt der Blutzucker an, dann wird Insulin von der Bauchspeicheldrüse ausgeschieden. Insulin gibt den Zellen das Signal, dass es Zeit ist „Zucker-LKWs“ zur Zellmembran zu schicken um den Zucker in die Zellen zu transportieren. Gleichzeitig hemmt Insulin die Freisetzung von Fettsäuren aus den Fettzellen. Bleibt der Zucker zu lange im Blut, ist das eine Gefahr für den Körper. Zucker bindet an Proteine im Blut und schädigt diese irreversibel. Aus diesem Grund ist der Körper bemüht, den Zucker so schnell wie möglich aus dem Blut in die Zellen zu transportieren. Zucker, der nicht direkt zur Energiegewinnung genutzt werden kann, wird in Form von Glycogen eingelagert und zu Fettsäuren umgewandelt.

Sinkt der Blutzucker, wird Glucagon aktiviert. Glucagon fördert sowohl die Freisetzung von Fettsäuren aus den Fettzellen als auch Gluconeogenese und Glycogenolyse, also die Freisetzung von Glycogen aus den Muskel- und Leberzellen.

Ein niedriger Insulinspiegel ist das hormonelle Signal zur Fettmobilisierung. Da es, nach einem kohlenhydratreichem Essen ein paar Stunden dauern kann, bis Insulin wieder Nüchternwerte erreicht hat, ist es schwer Fettspeicher zu mobilisieren.

Der Vorteil an LCHF ist, dass der Insulinspiegel dauerhaft niedrig bleibt, auch wenn Nahrung aufgenommen wird. Das ermöglicht dem Körper öfter und länger die eigenen Fettreserven zu mobilisieren. Neben anderen Effekten wie vermindertes Hungergefühl, länger anhaltende Sättigung[1] und keinen Blutzuckerschwankungen[2], schafft man so das optimale hormonelle Umfeld um mehr Fett zu verbrennen.

 

Vielen herzlichen Dank für diesen sehr informativen Artikel, Julia Tulipan.

Sie ist Mitglied des Redaktionsteams vom Low Carb – LCHF Magazin und Dozentin an der LCHF Akademie.

 

[1] Paoli, Antonio, et al. „Ketosis, ketogenic diet and food intake control: a complex relationship.“ Frontiers in psychology 6 (2015).

[2] Fernemark, Hanna, et al. „A randomized cross-over trial of the postprandial effects of three different diets in patients with type 2 diabetes.“ PloS one 8.11 (2013): e79324.

 

Titelbild: -©-ThamKC – Fotolia.com

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julia@paleolowcarb.de

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