LCHF gegen Mangelernährung im Alter
Zum Thema Mangelernährung im Alter gibt es keine gesicherten Daten für Deutschland. Schätzungen besagen jedoch, dass in unserem Land etwa 1,6 Millionen der 19,4 Millionen über 60-Jährigen unter chronischer Mangelernährung leiden. Ulrike Gonder beleuchtet das Thema für unsere Leser.
LCHF gegen Mangelernährung im Alter
Oft fehlen Mikronährstoffe und Protein
von Dipl. oec. troph. Ulrike Gonder, Hünstetten (D), Team LCHF Deutschland
Wenn wir älter werden, verändert sich unser Körper, auch bei bester Pflege: Den steigenden Fettanteil und den sinkenden Muskelanteil hat man meist noch auf dem Radar und kann zumindest teilweise gegensteuern. Dazu kommen jedoch häufig auch eine Abnahme des Durstempfindens, ein Nachlassen der Riech- und Schmeckfähigkeit, eine verminderte Ausnutzung der Nährstoffe im Verdauungstrakt oder auch Kaubeschwerden und Schluckstörungen (1). Alles das fördert die Gefahr einer Mangelernährung und der Dehydratation („Austrocknung“), die auch im hohen Alter gravierende Folgen haben können. Gefährdet sind vor allem die über Achtzigjährigen.
Zu den wichtigsten Alarmsignalen für Mangelernährung gehören neben einem nachlassenden Appetit vor allem Schwierigkeiten beim Essen sowie ein ungewollter Gewichtsverlust. Abnahmen von mehr als 3 kg in drei Monaten oder von 10 % des Körpergewichts innerhalb eines halben Jahres gelten als kritisch (1). Bei alten Menschen ging ein Body-Mass-Index (BMI) unter 23 mit erhöhter Sterblichkeit einher (2). Allerdings ist der BMI (alleine) keine gute Kennzahl zur Beurteilung des Ernährungszustandes, vor allem bei Menschen, die lebenslang sehr schlank waren.
Ernsthaftes Risiko bei Mangelernährung
Mangelernährung bedeutet, dass längerfristig entweder insgesamt zu wenig gegessen und getrunken wird oder dass die Nahrung nicht genug oder die falschen Nährstoffe enthält. Häufig ist ein genereller Mangel an Kalorien und Nährstoffen, es können jedoch auch isolierte Mängel auftreten. So ergaben biochemische Messwerte von Senioren in Deutschland häufige Defizite bei den Vitaminen D und B 12 (3, 4). Auch die Proteinversorgung lässt bei betagten Menschen oft zu wünschen übrig (5).
Zu den Ursachen von Mangelernährung zählt ein erhöhter Bedarf, wenn beispielsweise durch ein Tumorleiden, Infektionen oder die Wechselwirkungen mit Medikamenten mehr Nährstoffe als zuvor benötigt werden. Appetitmangel, Immobilität, Depressionen und Demenzen können andererseits den Appetit vermindern, was die Sache verkompliziert. Denn unterhalb einer Energiezufuhr von 1.500 Kilokalorien täglich ist es kaum möglich, alle nötigen Vitamine und Mineralstoffe über die Nahrung aufzunehmen. Gesteigerte Nährstoffverluste, etwa durch Fieber, Durchfall oder Erbrechen, können einen zuvor ausreichenden Ernährungszustand sehr schnell mangelhaft werden lassen (1).
Geht viel Muskelmasse verloren, spricht man von Sarkopenie. Davon können auch Übergewichtige betroffen sein – bei ihnen wird es jedoch leichter übersehen. Sarkopenie führt zu Schwäche und Müdigkeit, das Reaktionsvermögen sinkt, die Sturzgefahr und das Frakturrisiko steigen. Protein-, Vitamin- und Mineralstoffmängel schwächen das Immunsystem und verzögern die Wundheilung, das Risiko für Infektionen und Wundliegen (Dekubitus) steigt (1). Alles in allem ist es daher kein Wunder, dass Mangelernährung bei alten Menschen die Sterblichkeit messbar erhöht (6).
Wichtig: hohe Nährstoffdichte
Aufgrund der physiologischen Veränderungen und bei nachlassender körperlicher Aktivität benötigen alte Menschen mit der Zeit meist deutlich weniger Energie als in jungen Jahren. Man schätzt, dass der Bedarf zwischen dem 25. und dem 75. Lebensjahr um etwa ein Viertel sinkt, wobei körperliche Aktivität bis zu einem gewissen Grad entgegensteuern kann. Der Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen, Omega-3-Fettsäuren und Protein nimmt jedoch nicht ab, bei Protein und Vitamin B12 wurden die Werte zuletzt nach oben korrigiert (7, 8). Deswegen benötigen auch alte(rnde) Menschen eine Ernährungsweise mit hoher Nährstoffdichte, ausreichend Protein und gesunden Fetten. Und da schneidet LCHF deutlich besser ab, als die oft übliche süße, kohlenhydratlastige „Seniorenspeisung“. Dies ist auch für die Hirngesundheit relevant. Denn das alternde Gehirn kann Zucker immer schlechter verwerten und ist daher besonders auf alternative Brenn- und Schutzstoffe wie Ketone angewiesen, die es unter „Mischkost“ jedoch nicht bekommt (9).
In Deutschland nehmen 14 % der Männer und 15 % der Frauen zwischen 65 und 80 Jahren weniger als die über viele Jahre empfohlenen 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht täglich zu sich (5). Da wundert es nicht, dass Studien bei etwas höheren Proteinzufuhren positive Effekte fanden (10-12): auf Muskelmasse und Kraft, auf die Knochengesundheit, die Herz-Kreislauf-Funktionen und auf die Wundheilung. Aus diesem Grund schätzt die DGE, dass die Protein-Empfehlung für Senioren besser 1 g pro kg Körpergewicht betragen sollte (7).
Ältere Menschen sollten daher dazu ermuntert werden, zu jeder Mahlzeit eine mikronährstoffdichte Eiweiß-Komponente auf dem Teller zu haben. Geeignet sind alle proteinhalteigen Lebensmittel aus der LCHF-Küche: Fisch, Fleisch, Eier und sofern gewünscht auch Milchprodukte und Käse sowie Nüsse. Vor allem die tierischen Eiweißträger sind zugleich reich an gut bioverfügbarem Calcium (Käse), Eisen und Zink (Fleisch) sowie Selen (Fisch, Ei) und an Vitamin D (Fisch, Ei), B12 (Fleisch, Ei, Käse), B2 (Milchprodukte), Folsäure (Innereien, Eier) sowie Omega-3-Fettsäuren (Fettfische, Fleisch, Eier und Milchprodukte von Weidetieren). Daher können sie sowohl die Versorgung mit hochwertigem Eiweiß als auch mit Mikronährstoffen und gesunden Fetten verbessern.
Schnellere Sättigung durch
Schlechtere Verdauungsleistung durch
Verringerte Vitamin-B12-Resorption durch
Nachlassen der Darmreflexe (Verstopfung) Schneller gestilltes Durstempfinden (Wassermangel)
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Titelbild: Fotolia.com
Literatur zum Artikel LCHF gegen Mangelernährung im Alter
- Menebröcker, C: Mangelernährung im Alter. Ernährung 2007;1:67-71
- Winter, JE et al.: BMI and all-cause mortality in older adults: a meta-analysis. Am J Clin Nutr 2014:99:875-890
- Heseker, H, Stehle, P: Ernährung älterer Menschen in stationären Einrichtungen (ErnSTES-Studie). In: DGE (Hrsg.): Ernährungsbericht 2008. Bonn 2008, S. 157-204
- Heseker, H et al.: Ernährungssituation im Alter. Ernährung 2007;1:60-66
- Max-Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (Hrsg.): Nationale Verzehrsstudie II. Karlsruhe, 2008
- Kagansky, N et al.: Poor nutritional habits are predictors of poor outcome in very old hospitalized patients. Am J Clin Nutr 2005;82:784-791
- https://www.dge.de/presse/pm/wie-viel-protein-brauchen-wir/
- https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-b12/
- Gonder, U, Heilmeyer, P: Essen! Nicht! Vergessen! systemed, Lünen 2017
- Gray-Donald, K et al.: Protein intake protects against weight loss in healthy community-dwelling older adults. J Nutr 2014;144:321-326
- Wolfe, RR: The role of dietary protein in optimizing muscle mass, function and health outcomes in older individuals. Brit J Nutrition 2012;108: S88–S93
- Gaffney-Stomberg, E et al.: Increasing dietary protein requirements in elderly people for optimal muscle and bone health. J Am Geriatric Soc 2009;57:1073-1079