Bisher galt Diabetes Typ 1 als unheilbar! Ist das wirklich so?
Der Artikel ist auf der Website von Chris Kresser erschienen und von Claudia Heine für die deutschsprachigen Interessierten bearbeitet worden. Hier geht zum Originalartikel auf Englisch: https://chriskresser.com/could-type-1-diabetes-be-reversible-after-all/
Diabetes ist beeinflussbar
Durch Ernährung und Lifestyle können wir Diabetes Typ 2 wieder rückgängig machen und Diabetes Typ 1 günstig beeinflussen, das ist bereits bekannt. Es gibt jedoch sogar Hinweise darauf, dass Diabetes Typ1 umkehrbar sein könnte. Diese spannende Information erhielt ich in einem Newsletter von Chris Kresser, was mich dazu brachte mir das genauer anzusehen.
Bisher ist man davon ausgegangen, dass Diabetes Typ 1 nicht heilbar sei und eine lebenslange Behandlung mit Insulin erfordere.
Insulin
Die Bauchspeicheldrüse enthält Inselzellen, deren Aufgabe es ist Hormone abzugeben. Man findet hier die Insulin produzierenden β-Zellen und Glucagon produzierende α-Zellen. Während es die Aufgabe von Insulin ist, den Blutzuckerspiegel abzusenken und Glucose in die Zellen zu transportieren hilft Glucagon, die benötigete Glucose-Konzentration im Blut aufrecht zu erhalten und die als Glycogen gespeicherte Energie wieder abzugeben.
Diabetes Typ 1
Bei Typ 1 Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das eigene Immunsystem des Körpers die Insulinproduzierenden β-Zellen der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Die Bauchspeicheldrüse kann so kein oder nicht mehr ausreichend Insulin bilden.
Eine neue Studie, die erst letzten Monat veröffentlicht wurde zeigt, dass eine „fasting mimicking diat“ (FMD), also eine das „Fasten imitierende Diät“ effektiv die Symptome von Typ 1 Diabetes bei Mäusen umkehren konnte.
http://www.cell.com/cell/abstract/S0092-8674(17)30130-7
Die FMD Diät ist eine sehr niederkalorische, low-protein, high-fat Diät
Die FDM bewirkt ähnliche Veränderungen bezüglich Glucose, Ketonkörpern und Wachstumsfaktoren wie eine herkömmliche Fastenkur. Über die gesundheitlichen Vorteile von Fasten und Intervallfasten hatten wir bereits HIER berichtet.
Bei der FMD-Diät wechseln Zyklen der Kalorienrestriktion mit Refeeds. Im Mäuse-Modell wurde das Futter 4 Tage eingeschränkt, 3 Tage hatten die Mäuse uneingeschränkten Zugang zum Futter.
Beim Menschen besteht ein FMD Zyklus aus 5 Tagen Restriktion, den Rest des Monats darf wie gewohnt gegessen werden. Das wird üblicherweise drei Monate hintereinander wiederholt.
Die β-Zellen der fertig entwickelten Bauchspeicheldrüse (adult pancreas) reproduzieren normalerweise nur wenig und die Bildung neuer β-Zellen geschieht sehr selten. [1] [2] [3]Daher dachte man der Verlust der Insulinsekretion wäre nicht umkehrbar.
Das Mäusemodell
Nun wurden im Versuch Mäuse mit hohen Dosen von Streptozotocin (STZ) behandelt, ein Antibiotikum, das die Zerstörung von β-Zellen verursachen kann. [4] Nach 5 Tagen dieser Behandlung war der Blutzucker deutlich gestiegen. Die Mäuse wurden dann in zwei Gruppen unterteilt – eine Gruppe bekam uneingeschränkten Zugang zum Futter, der Blutzucker stieg bei diesen Mäusen weiter stark an.
Bei der zweiten Gruppe, die nach der FMD gefüttert wurde waren der Blutzucker- und Insulinspiegel an Tag 50 fast normal.
Zusätzlich verringerte sich bei ihnen die Anzahl der Zytokine, die mit Entzündungen und β-Zell-Beschädigungen assoziiert werden (TNFα, IL-12) und die Anzahl der Anti-Inflammatorischen Zytokine (IL-2, IL-10) die auch die β-Zell-Regeneration fördern, stieg an.
Durch die STZ Behandlung wurde die Anzahl der Insulin-produzierenden Zellen um 85% verringert und die Anzahl der Zellen die kein Insulin produzieren stieg an. Nach ein paar Zyklen der FMD Diät hatten sich viele dieser Zellen wieder in funktionierende β-Zellen zurückverwandelt. [5]
Die Epigenetik ist ein spannendes Gebiet
Mithilfe der FMD kann man die Uhr zurückdrehen. Man beobachtet ein Genexpressions-Profil wie es sonst nur während der embryonalen Entwicklung zu finden ist.
Der genetische Fingerabdruck, um eine Pankreas-Zelle zu bilden, ist in jeder Zelle des Körpers vorhanden. Er wird jedoch nur aktiviert, wenn die passenden Signale zur richtigen Zeit vorhanden sind.
Das Timing und die richtige Menge der Wachstumsfaktoren Ngn3, Pdx1 und MafA ermöglichen die Neubildung von β-Zellen. Dies wurde im Versuch mit Stammzellen aus Bauchfett nachgewiesen. Die Stammzellen wurden mithilfe einer genetischen Umprogrammierung dazu gebracht, in funktionsfähige Beta-Zellen auszureifen (Quelle: Stammzellen aus der Speckrolle https://www.ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2016/04/mm-beta-zellen-aus-fettgewebe.html)
Abbildung Quelle: https://www.ethz.ch/
Nun deuten die Ergebnisse aus den Mäuse-Versuchen darauf hin, dass man die β-Zell-Regeneration auch mithilfe der FMD Diät anregen kann.
Im Mäuse-Versuch zu Typ 1 Diabetes hat die FMD Diät kurzzeitig zu einer Abnahme der β-Zell-Anzahl geführt, die sich nach den Refeeds wieder normalisierte. Dies geschieht durch Umprogrammierung und β-Zell-Regeneration, so dass die Insulinproduktion wiederhergestellt wird.
Ähnliche Veränderungen beobachtete man bei kultivierter menschlicher Pankreas
Getestet hat man dies in einem ex vivo Versuch mit 5 Personen, die sich 5 Tage nach der FMD ernährt haben. Blutproben wurden vor Beginn und nach den 5 Tagen entnommen. Nach 5 Tagen fand man wie erwartet höhere Mengen an Wachstumsfaktoren, Ketonkörpern und eine geringere Blutzuckerkonzentration.
Kultivierte pankreatische Inselzellen wurden nun in den Blutproben nach der FMD gebadet, von gesunden Menschen und von Diabetikern. Bei allen Zellen zeigte sich, dass die durch Ngn3-Expression angetriebene β-Zell Reproduktion zu einer funktionierenden Insulinsekretion führte.
Um zu bestätigen, dass die β-Zell-regeneration auch bei Menschen funktioniert sind noch weitere Forschungen nötig.
Auch bei einem Typ-2- Diabetes Mäuse-Versuch war es mit der FMD möglich nach 6-8 Zyklen mit FMD und Refeeds die Insulin Sekretion wiederherzustellen. http://www.cell.com/cell/abstract/S0092-8674(17)30130-7
Die FMD ist über PROLON erhältlich
https://prolonfmd.com/fasting-mimicking-diet/?doing_wp_cron=1500285845.5405690670013427734375
Eine 5 Tagespackung kostet zwischen $250 und $299. Den selben Effekt sollte eigentlich auch eine eigene Zusammenstellung von Kohlenhydraten, Fett und Protein der richtigen Kalorienmenge haben.
Die FMD sollte unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden. Fasten ist nicht für jeden gesundheitsförderlich. Auch wenn es viele Krankheiten gibt, bei denen Fasten hilfreich ist gibt es andere Krankheiten, wie z.B. Nebennierenermüdung und anderen Krankheiten die mit einer hohen Stressbelastung zu tun haben, bei denen die FMD Kontraproduktiv sein könnte.
Die FMD kann vielleicht die Bauchspeicheldrüse und Insulinproduktion wieder herstellen, sie wird jedoch nicht die Ursache beseitigen, wie es z.B. laut Chris Chresser eine Lebensmittel-Intoleranz sein könnte, die Antikörper produziert, die mit den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse eine Kreuzreaktion eingehen.
Eine FMD kombiniert mit Paleo Autoimmun Protokoll könnte daher hilfreich sein.
Fazit
Abschließend kann man sagen, dass unser westlicher Lebensstil mit einem ständigen Überangebot an Nahrungsmitteln Zivilisationskrankheiten fördert. Unsere Jäger und Sammler Vorfahren hatten Perioden mit weniger Nahrungsangebot und keine drei oder mehr Mahlzeiten am Tag. Wir haben die Fähigkeit mit Nahrungsentbehrung klarzukommen. In Zeiten der Knappheit minimierte eine leichte Atrophie von Geweben und Organen den Energieverbrauch. Durch den Refeed kann der Körper diese wieder aufbauen.
Hier stellt sich dann auch die Frage, ob die Expression dieser „embryonalen“ Gene vielleicht sogar vorgesehen ist, und unser westlicher Lebensstil mit ständigem Nahrungsangebot das „abnorme“ Genexpressionsmuster darstellt.
Die Forschungen zeigen, dass mit Ernährung viel mehr erreicht werden kann als bisher in der Medizin bekannt ist. Sie machen Hoffnung auf ein Umdenken, weg von den üblichen Ernährungsempfehlungen der DGE.
Claudia Heine
Freelancer in der Online-Redaktion von LCHF Deutschland
Ganzheitlicher Gesundheits- und Ernährungscoach
[1] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18334605
[2] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16123343
[3] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23619362
[4] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22294227
[5] http://www.cell.com/cell/abstract/S0092-8674(17)30130-7
Titelbild: putilov_denis – Fotolia.com
Fitoru Keto 21. Mai 2020
Great content! Very informative and well written. I so learned a lot from this. Thank you so much for posting!