Erfahrungsbericht Typ 1 Diabetes und Keto
Erfahrungsbericht Typ 1 Diabetes und Keto
Ist es möglich bei Typ 1 Diabetes von der ketogenen Ernährung zu profitieren? Kann dadurch das Risiko der gefährlichen Unterzuckerung minimiert werden? Wer könnte diese Fragen besser beantworten, als ein Typ 1 Diabetiker, der dazu noch Arzt ist und seine Doktorarbeit genau darüber geschrieben hat? Iris und ich bedanken uns ganz herzlich für den Erfahrungsbericht, der zugleich eine Erfolgsgeschichte darstellt, bei Dr. med. Toralf Becher.
Erfahrungsbericht Typ 1 Diabetes und Keto
von Dr. med. Toralf Becher
Meine persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen
Ich bin Arzt, 53 Jahre alt. Während meines Studiums habe ich meine Doktorarbeit zu dem Thema Typ 1 Diabetes im damaligen Zentralinstitut für Diabetes in Karlsburg (ehemalige DDR) angefertigt. Ich habe mehrere Jahre zu diesem Thema geforscht und zahlreiche Patientenkontakte erlebt. Seit 2016 habe ich selbst einen Typ 1 Diabetes ohne restliches Insulin und ohne Glucagon. Seit Beginn der Erkrankung benutze ich Sensoren der Firma Abbott.
Seit Januar 2017 ernähre ich mich streng ketogen. Dadurch war es mir seither möglich, den Blutzucker in den allermeisten Zeiten zwischen 70 und 100 mg/dl zu halten. Das HbA1c war wieder wie vor der Erkrankung bei 4,9%. Ich bin sportlich relativ aktiv, Kanu und Fahrrad. Beispielsweise fahre ich oft mit dem Fahrrad zur Arbeit (einfache Strecke 14 km). Ohne das eigene Insulin und mit dem Sensor kann ich bei ketogener Ernährung jede winzige Veränderung des Blutzuckerpegels durch die Ernährung feststellen. Beispielsweise sehe ich im Pegelverlauf, wenn ich ein Drittel einer Salatgurke gegessen habe. Seither bin ich absolut davon überzeugt, dass die ketogene Ernährung für Diabetiker schlichtweg die Rettung darstellt. Nur mit der ketogenen Ernährung ist es überhaupt möglich, vernünftige Blutzuckerwerte zu erreichen, ohne ein nennenswertes Risiko von Unterzuckerungen. Ich habe bisher absolut keine schädlichen Wirkungen der ketogenen Ernährung feststellen oder bei anderen Menschen beobachten können. Ohne nennenswerte Mengen an Kohlenhydraten in der Nahrung brauchte ich dann zu den Mahlzeiten kein Insulin mehr. Und alle Dosierungsfehler wegen der Mahlzeiten fallen weg.
Mittlerweile bin ich zu der felsenfesten Überzeugung gelangt, dass die Low-Carb Ernährung sogar die artgerechte Ernährung des Homo sapiens darstellt. Dagegen ist die kohlenhydratreiche Fehlernährung nach meiner Einschätzung für viele Erkrankungen zumindest partiell verantwortlich: Übergewicht, metabolisches Syndrom, Schlaganfälle, Herzinfarkte, Nierenschwäche bis hin zu Dialysepflicht, Netzhautprobleme, Durchblutungsstörungen, bösartigen Tumoren, Wirbelsäulen- und Gelenkproblemen (via Übergewicht), Epilepsie, psychische Störunge wie ADHS und andere mehr.
Ein Ausflug in die Geschichte der Menschheit
Dazu einen kleinen gedanklichen Ausflug in die Geschichte der Menschheit. Der Übergang vom Homo erectus zum Homo sapiens vollzog sich vor schätzungsweise 2 Millionen Jahren, dazu gibt es etwas differente Ansichten. Die Nutzung des Feuers zur Zubereitung von Nahrung kann man auf eine ähnliche Zeitspanne zurück vermuten. Die Wiege der Menschheit liegt im nördlichen Afrika, in der Savannengegend. Dort lebten die Menschenhorden nomadisch als Jäger und Sammler. Ein bisschen kann man sich die Lebensweise vorstellen, wenn man Indianerfilme (Karl May) im Fernsehen anschaut. Allerdings gab es in der Savannengegend zumindest für Menschenhorden sehr wenige Kohlenhydrate, vielleicht Feigen oder Datteln. Ich gehe aber davon aus, dass die gleichzeitig vorhandenen Affenhorden in den allermeisten Fällen schneller bei den begehrten Früchten waren. Wenn allerdings eine Menschenhorde (als exzellente Jäger) eine Affenhorde auf einem Baum bemerkt hat, gab es am Abend vermutlich einen Affen am Spieß.
Zusammengefasst vermute ich, dass die Haupternährungsquelle des Homo sapiens bis vor 10.000 Jahren hauptsächlich aus Jagdbeute bestand, daneben einige Wurzeln oder Nüsse der Sammler. Getreide gab es damals nicht, nur deren wilde Vorfahren, die man sich als kohlenhydratarme Gräser vorstellen kann. Andere Kohlenhydrate habe ich selbst in der Savannengegend in Afrika nicht gefunden. Erst vor 10.000 Jahren wurde der Mensch sesshaft und erlernte den Ackerbau. Diese 10.000 Jahre sind im Vergleich zu den 2 Millionen Jahren als Jäger und Sammler verschwindend gering. Somit können wir davon ausgehen, dass unser Erbgut hauptsächlich aus der Zeit als Jäger und Sammler stammt. Dadurch sind wir wahrscheinlich auf die Low-Carb Ernährung genetisch optimal angepasst.
Übrigens kann der menschliche Organismus aus Eiweißen und in geringsten Mengen auch aus Fetten selbst Glukose herstellen. Aus diesem Grunde esse ich bei einer nächtlichen Unterzuckerung nur 250 g eines Soja- Joghurts, der keinerlei Kohlenhydrate und kaum Fette, aber viele Eiweiße enthält. Die Leber baut daraus Glukose, bis der Pegel von 80-90 mg/dl erreicht ist, sodass ich mir nicht gleich wieder eine Überzuckerung einfange.
Die ketogene Ernährung ist mein Leben
Jetzt zurück zur ketogenen Ernährung. Ich persönlich werde in meinem irdischen Dasein keine andere Ernährung mehr akzeptieren. Es haben sich auch sehr erfreuliche Nebeneffekte eingestellt. Zum ersten hat sich mein Körpergewicht nach unten normalisiert, auch der Blutdruck. Die Blutwerte Cholesterin und Triglyzeride ebenfalls. Das vererbte paroxysmale Vorhofflimmern ist ebenfalls nahezu vollständig beseitigt. Bezüglich des Diabetes hat sich eine weitere unerwartete Veränderung eingestellt: bei Unterzuckerungen (die Sensoren von Abbott können unter 40 mg/dl keine Glukose mehr feststellen) habe ich nur Hunger, körperliche Schwäche und Schwitzen, aber keine neurologischen Ausfälle, sodass ich mit dem Fahrrad einfach weiter fahren kann, nur gefühlt mit angezogener Handbremse. Die Beine wollen dann einfach keine richtige Kraft entfalten. Ich erkläre mir die Erscheinung so, dass das Gehirn nach einigen Monaten der ketogenen Ernährung es wieder lernt, wie früher im Mutterleib Ketonkörper zur Ernährung zu verwenden. Damit ist die strikte Abhängigkeit des Hirns von der Glukose gebrochen. Wenn die Glukose als Substrat ausfällt, sind die Ketonkörper als Nahrungsquelle immer noch in ausreichender Menge vorhanden. Gemessen habe ich im Blut circa 3 mmol/l, was einen ungefähr vergleichbaren Wert wie den der Glukose darstellt.
Zusammengefasst kann ich jedem Menschen, und vor allem jedem Diabetiker, nur dringendst dazu raten, auf eine Low-Carb oder ketogene Ernährung umzustellen. Und noch einmal, wie oben bereits vermerkt, habe ich keinerlei unerwünschte Effekte feststellen können. Leider ist die internationale Forschung diesbezüglich noch einige Jahre zurück. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass die meisten Bücher bezüglich Ernährungsberatung neu geschrieben werden müssen.
E-Mail: toralf.becher@mailbox.org
Website: https://ketokontext.de/
Iris und ich hoffen, dass dir der Erfahrungsbericht als Typ 1 Diabetiker Mut gemacht hat. Wenn du Fragen hast, kannst du Herrn Dr. Becher gerne kontakten.
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Margret Ache und Iris Jansen www.LCHF-Deutschland.de und LCHF Deutschland Akademie, LCHF Magazin, Facebook, Instagram und YouTube
Titelbild: habrovich / elements.envato.com
Bild Keto diet: Fasci /
Meik 10. Februar 2024
Danke für diesen inspirierenden Beitrag. Ich habe mein leben verändert . Viele Fehler auf dem weg in die Ketose aus denen ich gelernt habe. Doch nach schon 3 monaten Keto ist meine Lebensquallität enorn gestiegen. Vielen Viielen lieben Dank
Anja Hess 18. Mai 2024
Das klingt großartig! Wir wünschen weiterhin alles Gute mit der Ernährungsumstellung!