Low-Carb bei Diabetes – Ergebnisse aus einem 12-wöchigen Pilotversuch
Low-Carb bei Diabetes – Ergebnisse aus einem 12-wöchigen Pilotversuch
von Mag. Julia Tulipan aus dem Low Carb – LCHF Magazin 1/2018.
Diabetes ist ein globales Problem. Laut aktuellen Berichten der International Diabetes Federation ist bereits jeder 11. Erwachsene von Diabetes betroffen. War Diabetes mellitus noch Anfang des 20. Jahrhunderts eine äußerst seltene Erkrankung und fast schon eine medizinische Kuriosität, rangiert es heute unter den Top 10 der häufigsten Todesursachen. Zwischen 1998 und 2012 ist die Zahl der Diabetiker um 38% gestiegen und täglich kommen im Schnitt 1000 Neuerkrankungen hinzu.
Heilung ausgeschlossen?!
Die moderne Medizin sieht Diabetes-Typ-2 als eine progressiv verlaufende Krankheit, die zwar in ihrem Fortschreiten gebremst, aber nicht aufgehalten oder gar verbessert werden kann. Man weiß auch, dass Gewichtsreduktion bei Übergewicht und eine streng kalorienreduzierte Diät zu einer Verbesserung und oft sogar zu einer Normalisierung der Blutzucker und HbA1c Werte führen kann, sieht diesen Ansatz aber wenig optimistisch, da diese Art der Diät nicht langfristig durchgehalten werden kann. Dauerhafte Kalorienrestriktion führt zu einer Reduktion des Stoffwechsels, ist psychisch sehr belastend und auch die Unterversorgung mit lebenswichtigen Vitaminen ist vorprogrammiert (1).
Ernährungsempfehlungen sind Kontraproduktiv
Die eigentliche Krux an der Sache ist, dass die derzeit gültigen Ernährungsempfehlungen für Diabetiker und Menschen mit einer gestörten Kohlenhydrattoleranz ungeeignet sind. Daten aus Studien und Fallbeispielen zeigen, dass eine Reduktion der Kohlenhydrate und eine Erhöhung der Fettmenge in der Ernährung einen positiven Effekt auf Blutparameter und Risikofaktoren hat (2,3). Die Bedeutung der Reduktion der Kohlenhydrate findet sich mittlerweile auch in offiziellen Leitlinien. So schreibt der Deutsche Verband:“ Beim Diabetes leiden die Patienten unter einer Kohlenhydratstoffwechselstörung. Es ist sinnvoll, hier eine Ernährungsweise zu empfehlen, die die Kohlenhydrate zwar nicht verbannt, aber auch nicht favorisiert. Diese Ernährungsweise heißt Low Carb. Mit Low Carb steigt der Blutzucker nach einer Mahlzeit nur gering an, worauf eine geringe Insulinausschüttung folgt. Der gesamte Stoffwechsel wird entlastet und die Bauchspeicheldrüse kann geschont werden (4).“
Low-Carb bei Diabetes eigentlich ein alter Hut
Die Behandlung von Diabetes mit einer stark kohlenhydratreduzierten Ernährung ist kein moderner Trend. Bis zur Entwicklung von Medikamenten wie Metformin und der Isolierung von Insulin war die Ernährungstherapie die einzige Möglichkeit, Diabetes-Typ-2 zu managen.
Was sagt die aktuelle Studienlage
Die Studien, die ein kritisches Licht auf Kohlenhydrate werfen und gleichzeitig Fett und vor allem gesättigtes Fett freisprechen, haben in den letzten Jahren stark zugenommen (5). Selbst renommierte wissenschaftliche Journale sind hier nicht ausgenommen und auch eine führende Persönlichkeit, wie der ehemalige Präsident der World Heart Federation, Dr. Yusuf Salim, hat erst Anfang des Jahres in seiner Eröffnungsrede zur größten Kardiologenkonferenz deutliche Worte gefunden – „Fett schützt das Herz und die derzeit geltenden Ernährungsempfehlungen haben keine wissenschaftliche Grundlage“. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie schließt sich dem an, so sagt Prof. Nixdorff: „Durch prospektive vergleichende Studien haben wir erkannt, dass ungesättigte Fette, also pflanzliche Fette und Öle, prognostisch günstig und sogar gegen Übergewicht gut sind. Die Revolution ist aber, dass auch tierische Fette rehabilitiert wurden. Ebenfalls schadet es kardiovaskulär gar nicht, wenn man mehrere Eier pro Tag isst. Das Hauptproblem für Übergewicht und Adipositas sind Kohlenhydrate, also vor allem Brot und Süßes (6).“
Zielsetzung
Die Reduktion von Kohlenhydraten und das Anheben des Fettanteils in der Ernährung wird immer noch sehr kritisch Abbildung 1: Diabetic Cookery, 1921 – Liste an verbotenen und empfohlenen Lebensmitteln für Diabetiker. (Quelle: Diabetic cookery; recipes and menus by Oppenheimer, Rebecca (Wolff), Mrs.,) betrachtet. Ein häufiges Argument ist, dass diese Art der Ernährung schwer durchzuhalten sei und die Patienten unnötig einschränken würde. Ziel dieser Pilot-Studie war es zu zeigen, dass der Beratungsaufwand gering ist, die Ernährungsänderung in wenigen Gruppensitzungen durchgeführt werden kann und es zu positiven Veränderungen wichtiger Marker des Kohlenhydratstoffwechsels und Lipidstoffwechsels kommt. Es wurden folgende Parameter erhoben: Gewicht, Umfänge, Blutzucker, HbA1c, Insulin, Cholesterin, LDL, HDL, Triglyceride, GFR, GOT, GPT, GGT, CRP, Blutsenkung, Harnstoff und Kreatinin. Eine Gruppe an Teilnehmern war in Innsbruck, betreut durch die Diätologin Daniela Pfeifer und Dr. Roland Fuschlberger. Die zweite Gruppe war in Wien, betreut durch die Biologin Julia Tulipan und Dr. Peter Schödl.
Methode
Wir haben für die Studie „Low-Carb bei Diabetes“ Patienten mit Diabetes-Typ-1 und Typ-2 sowie Patienten mit Prädiabetes rekrutiert. Insgesamt konnten 23 Teilnehmer rekrutiert werden, wobei 20 Teilnehmer
die Studie auch beendeten. Die ganze Studie dauerte 12 Wochen. In diesen 12 Wochen wurden 5 Gruppentreffen abgehalten. Die Gruppentreffen bestanden jeweils aus einem Fokusvortrag zu einem speziellen Ernährungsthema und einer Diskussionsrunde. Zusätzlich zu den Gruppentreffen wurde noch eine private Facebook-Gruppe eingerichtet, die zum gegenseitigen Austausch und für schnelles Feedback durch die Betreuer genutzt werden konnte. Das erste der fünf Gruppentreffen war eine allgemeine Schulung in LCHF (Low-Carb High-Fat). Den Teilnehmern wurde empfohlen, 36 nicht auf Kalorienmengen zu achten, sondern ausschließlich auf das Sättigungsgefühl. Außerdem erhielt jeder Teilnehmer eine Rezeptauswahl, eine Info-Mappe zu LCHF-Ernährungsgrundlagen sowie eine Auswahl an verschiedenen Produktproben. Eine Blutabnahme fand einmal vor Beginn der Studie und einmal nach Beendigung der Studie statt. Diese wurde entweder von den betreuenden Ärzten durchgeführt oder vom Hausarzt.
Ergebnisse
Subjektiv wurde die Ernährung als eher leicht umzusetzen empfunden. Die Teilnehmer berichteten aber über ein verringertes Bedürfnis nach Zwischenmahlzeiten, stabilere Energie über den Tag und ein gesteigertes Sättigungsgefühl. Was das Körpergewicht betrifft, konnten 86% ihren BMI senken. Auch Blutzuckerwerte und der HbA1c haben sich teilweise dramatisch verbessert. Eine generelle Verbesserung haben wir bei 79% der Teilnehmer gemessen. Im Schnitt hat sich der HbA1c in den 12 Wochen um 1% Punkt verbessert und der Blutzucker ist im Schnitt um 10 mg/dl gesunken. Besonders positiv war der Effekt auf die Triglyceride. Bei 86% der Teilnehmer konnten wir eine durchschnittliche Senkung um 10 mg/dl erreichen. In Gruppe „Innsbruck“ war auch ein Typ-1-Diabetiker, der seit Jahren mit seinem Blutzucker kämpfte. Wie in (Abb. 2.) gut erkennbar, konnte dieser Studienteilnehmer den HbA1c von 11% auf 8,2% senken. In der Gruppe „Wien“ blieb der HbA1c von einem Teilnehmer praktisch unverändert, allerdings konnte dieser Studienteilnehmer den Wert um 2/3 reduzieren (Abb. 3). Die Leberwerte sind entweder unauffällig geblieben oder haben sich positiv verändert. Zwei Teilnehmer hatten eine schon über viele Jahre bestehende Fettleber. Bei diesen beiden Teilnehmern haben sich die Leberwerte nicht nur verbessert, sondern normalisiert. Deutlich war auch der Effekt von LCHF (Low Carb High Fat) auf das HDL-Cholesterin. HDL-Cholesterin ist bei 73% der Teilnehmer deutlich angestiegen.
Diskussion
Eine richtig formulierte Ernährung, die Kohlenhydrate stark reduziert und gleichzeitig den Fettanteil deutlich erhöht, ist nicht nur relativ einfach umzusetzen, sondern wird auch von den Patienten als sättigend und befriedigend bewertet. Sie wird nicht als Einschränkung wahrgenommen. Wichtig ist die richtige Schulung durch erfahrene Experten. Die wenigsten klassisch ausgebildeten DiätologInnen oder Ärzte haben ausreichend Erfahrung oder das notwendige Hintergrundwissen. LCHF und Low Carb wird daher meist falsch umgesetzt und die Ergebnisse sind dementsprechend enttäuschend. Was wir in dieser kleinen Pilot-Studie zeigen konnten, ist, dass die LCHF (Low Carb High Fat) Ernährung, wenn sie von Experten vermittelt wird, sehr einfach und mit wenig zusätzlichem Schulungsaufwand von Patienten umzusetzen ist. LCHF bietet auf Grund der günstigen hormonellen Effekte und dem hohen Sättigungseffekt ideale Voraussetzungen, um den Blutzucker, HbA1c und Gewicht zu senken. Außerdem wirkt sie sich günstig auf kardiovaskuläre Risikofaktoren aus.
LITERATURVERZEICHNIS:
1 Fothergill, Erin, et al. „Persistent metabolic adaptation 6 years after “The Biggest Loser” competition.“ Obesity (2016) // 2 Feinman, Richard D, et al. „Dietary carbohydrate restriction as the first approach in diabetes management: Critical review and evidence base”. Nutrition. 2014 Jul 16. pii: S0899-9007(14)00332-3. // 3 Accurso, Anthony, et al. „Dietary carbohydrate restriction in type 2 diabetes mellitus and metabolic syndrome: time for a critical appraisal.“ Nutrition & metabolism 5.1 (2008): 9. // 4 Diabetes und Ernährung. Eine Broschüre für Diabetesberaterinnen und -assistentinnen. 1. Auflage, Oktober 2017 // 5 Bazzano, Lydia A., et al. „Effects of low-carbohydrate and low-fat diets: a randomized trial.“ Annals of internal medicine 161.5 (2014): 309-318. // 6 Pressetext DGK 10/2017
Bildrechte: Mag. Julia Tulipan
Der Low Carb – LCHF Kongress
Im Februar 2019 treffen sich namhafte Experten, so auch Julia Tulipan und Gesundheitsinteressierte zum Low Carb – LCHF Kongress in Düsseldorf.
Der Kongress ist eine attraktive Plattform für alle Low Carb – Ernährungsformen. Diese Ernährung stellt eine wesentliche Voraussetzung dar, um mit Leichtigkeit gesund durchs Leben gehen zu können.
Bereits am Freitag, den 22. Februar 2019 findet ab 18.00 Uhr ein Come together im Restaurantbereich statt. Mit Zeit zum Kennenlernen und Austausch der Kongressteilnehmer, Referenten und Aussteller.
Der Kongress beginnt am Samstag, den 23.02.2019 um 8.30 Uhr und endet am Sonntag, den 24.02.2019 gegen 16.00 Uhr. Als Frühbucher zahlen Sie 290,00 Euro Teilnehmergebühren inkl. Kongressjournal, zwei Mittagessen und Pausengetränke, Low Carb – Snacks sowie einer Tasche mit vielen weiteren Informationen. Ab dem 01. 12. 2018 zahlen Sie 330,00 Euro, Studenten erhalten einen Sonderpreis von 200,00 Euro.
Die LCHF Deutschland Akademie wird mit einem Info-Stand zu dem aktuellen Kursangebot vertreten sein.
Wir freuen uns, Sie am 23. und 24. Februar 2019 in Düsseldorf zu treffen. Weitere Informationen finden Sie hier: http://low-carb-lchf-kongress.de/