Insulin – das missverstandene Hormon: Vielen Dank für diesen Artikel, der auch im LCHF Magazin publiziert wurde, liebe Julia Tulipan.
Insulin – das missverstandene Hormon
Insulin hat ja, gerade in der LCHF-Gemeinschaft einen schlechten Ruf. Dick und krank soll es machen. Viel wird über die negativen Effekte von Insulin geschrieben, doch wenig über seine positiven und lebenswichtigen Aufgaben im Körper.
Ich möchte in diesem Artikel gerne einmal grundsätzlich über das Hormon Insulin aufklären, seine Funktion im Körper und in weiterer Folge die negativen Effekte von zu viel Insulin.
Also, was ist eigentlich Insulin?
Insulin ist ein Hormon. Es wird in den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse erzeugt. Seine Hauptaufgabe ist die Regulation des Blutzuckerspiegels. Steigt der Blutzuckerspiegel an, dann registrieren das spezialisierte Rezeptoren, die auf den β-Zellen sitzen, und Insulin wird freigesetzt. Der Blutzuckerspiegel eines stoffwechselgesunden Menschen sollte irgendwo zwischen 70 und 90 mg/dl liegen. Sollte der Blutzuckerspiegel zu sehr abfallen kommt Glukagon ins Spiel. Es ist der Gegenspieler des Insulins. Glukagon wird bei niedrigem Blutzuckerspiegel von den α-Zellen der Bauchspeicheldrüse freigesetzt. Glukagon aktiviert in den Leberzellen die Schlüsselenzyme der Glukoseneubildung und des Glykogenabbaus.
Exkurs in die Geschichte
In den 1920er Jahren wurde durch Dr. Banting und Dr. Best das erste Mal Insulin aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen extrahiert und als Therapie für Typ-1-Diabetiker eingesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt war Typ-1-Diabetes eine tödlich verlaufende Erkrankung. 1923 wurde dies mit dem Nobelpreis für Physiologie und Medizin ausgezeichnet.
Dass Insulin wohl eine zentrale Rolle im Aufbau von Fettgewebe spielt, sieht man auch an diesen historischen Bildern von Typ 1 Diabetikern. Zu den klassischen Symptomen eines Typ-1- Diabetikers zu Dr. Bantings Zeit unter anderem rapider Gewichtsverlust. Die Substitution mit Insulin führte zu einer Normalisierung des Gewichts.
Andere Aufgaben von Insulin
Insulin beeinflusst mehrere Schlüssel-Reaktionen des Kohlenhydrat-, Protein- und Fettstoffwechsels.
Proteinstoffwechsel
Insulin stimuliert sowohl die Aufnahme von Aminosäuren in die Zellen als auch die Proteinsynthese (Proud, 2006). Dies geschieht über die Aktivierung von mTOR. (Wang Lifu, 2006). mTOR (mammalian target of rapamycin) ist ein wichtiger Signalweg in der Regulation von Zellwachstum.
Förderung des Zellwachstums
Insulin reguliert Zellwachstum und Zellteilung.
Tryptophan-Aufnahme im Gehirn
Insulin wirkt steigernd auf die Tryptophanaufnahme im Gehirn (Daniel P.M., 1981). Das erklärt vermutlich auch, warum wir Kohlenhydrate suchen, wenn es uns schlecht geht oder wir zu wenig geschlafen haben. Tryptophan ist nämlich der Vorläufer für Serotonin und Melatonin. Tryptophan gilt als “natürliches Antidepressivum“.
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
Neben der Aufnahme von Glukose in die Zellen, hat Insulin noch andere Aufgaben im Stoffwechsel. Es stimuliert die Speicherung von Glukose als Glykogen (Glykogensynthese), gleichzeitig hemmt es die Neubildung von Glukose (Gluconeogenese) in der Leber. Insulin stimuliert die Bildung von Triglyceriden in Leber, Muskel und Fettgewebe und hemmt die Lipolyse (Freisetzung von Fett), also den Abbau von Fett.
Regulation von Hunger und Sättigung
Immer wieder liest man, dass Insulin zu mehr Hungergefühl führen würde. Das ist jedoch falsch. Insulin hat eine sättigende Wirkung, zumindest Kurzfristig. Das eigentliche Problem entsteht dann, wenn mehr Insulin ausgeschüttet wird, als eigentlich notwendig gewesen wäre.
Willkommen auf der Blutzucker-Achterbahn
Viele Menschen sind metabolisch nicht mehr gesund. Ihr Körper reagiert auf eine gewisse Menge Zucker mit sehr viel Insulin. Dies kommt meist daher, dass die Zellen schon nicht mehr so sensibel auf das Insulinsignal reagieren – man spricht dann von Insulinresistenz. Schießt also der Körper mit der Insulinproduktion über das Ziel hinaus, dann fällt der Blutzucker in Folge stark ab. Das ist sehr unangenehm. Das Gehirn nimmt diesen Blutzuckerabfall als Gefahr wahr und regiert entsprechend – enormer Heißhunger ist die Folge.
Hyperinsulinämie und seine Rolle in der Entstehung von Zivilisationskrankheiten
Auch wenn Insulin in physiologischen Konzentrationen wichtige und zentrale Aufgaben im Körper hat, so zeigt sich, starke Ausschläge im Tagesverlauf und vor allem dauerhaft erhöhte Insulinwerte stellen einen klaren Risikofaktor für die Entstehung moderner Zivilisationskrankheiten dar. Insulin ist ein bekannter Wachstumsfaktor und Hyperinsulinämie könnte sich positiv auf diverse Signalwege auswirken, die unkontrolliertes Zellwachstum begünstigen. Vor allem die Aktivierung von mTOR und IGF-1 stehen hier im Zentrum der Forschung.
Hohe Insulinspiegel wirken auch entzündungsfördernd. Was wir dann sehen, ist ein echter Teufelskreis. Dauerhaft erhöhtes Insulin fördert die Entstehung von Insulinresistenz. Insulinresistenz wiederum fördert die Aktivierung von Entzündungsprozessen, die wiederum die Insulinresistenz verstärken (Li, 2015).
Julia ist auch Autorin beim
Keto-Kompass
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Über die Autoren:
Ulrike Gonder ist Ökotrophologin sowie freie Wissenschaftsjournalistin und zählt aufgrund ihrer zahlreichen Veröffentlichungen zu den wenigen Keto-Expertinnen im deutschsprachigen Raum.
Julia Tulipan ist Biologin, Ernährungscoach, Autorin und Referentin zu ketogener Ernährung, Darmgesundheit, LCHF und evolutionärer Gesundheit. 2018 hat sie ihr Food-Startup [naehr:sinn] gegründet.
Marina Lommel ist Ernährungswissenschaftlerin und schrieb ihre Abschlussarbeit über die biochemischen Aspekte der ketogenen Ernährung und die medizinische Anwendung bei Erkrankungen im Gehirn. Sie betreibt den erfolgreichen Blog foodpunk.de.
Dr. Brigitte Karner ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Ernährungsmedizinerin und gilt überregional als Spezialistin für ketogene Medizin. Sie therapiert in ihrem Zentrum für ganzheitliche Medizin in Freiburg verschiedenste Krankheiten erfolgreich mit ketogener Ernährung.
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Literaturverzeichnis
Daniel P.M. (March 1981). J Physiol.(312), S. 551–562. Von http://physoc.onlinelibrary.wiley.com/hub/journal/10.1111/(ISSN)1469-7793/?url=/cgi/content/abstract/312/1/551 abgerufen
Li, C. (2015). Mechanisms Linking Inflammation to Insulin Resistance. International Journal of Endocrinology. doi:10.1155/2015/508409
Proud, C. (2006, April). Regulation of protein synthesis by insulin. Biochem Soc Trans(34), pp. 213-6. doi:10.1042/BST20060213
Wang Lifu. (2006, June). Activation of Mammalian Target of Rapamycin (mTOR) by Insulin Is Associated with Stimulation of 4EBP1 Binding to Dimeric mTOR Complex 1. The Journal of Biological Chemistry(34), pp. 24293-24303. doi:10.1074/jbc.M603566200
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