Vielen herzlichen Dank, liebe Ulrike Pichl, für diesen Gastbeitrag. Die Frage nach Obst bei einer Low-Carb-Ernährung ist immer wieder Thema. Daher freuen wir uns, dass Ulrike dieses Thema beleuchtet hat.
Wer ist Ulrike Pichl?
Ulrike hat seit vielen Jahren chronische Kopfschmerzen und Migräneanfälle. Seit Anfang 2013 ernährt sie sich deshalb kohlenhydratarm, seit 2015 nach Low Carb High Fat, meist ketogen.
Ihre Migräneanfälle konnte sie dadurch deutlich mildern und hat außerdem viele weitere positive Effekte auf ihre Gesundheit bemerkt.
Sie ist „Ernährungsautodidakt“ und leitet die Website www.lchf-gesunde.de, auf der sich Rezepte, Informationen und Wissenswertes rund um Low Carb High Fat und Gesundheit finden.
Im aktuellen Low Carb – LCHF Magazin hat Ulrike den Artikel „Meine Erfahrungen mit Migräne und Low Carb High Fat“ geschrieben.
Obst bei kohlenhydratarmer Ernährung
Und warum Smoothies kein normales Obst sind
Der vermeintlich „gesunde Fruchtzucker“ kann schaden – wenn bestimmte Mengen überschritten werden
Es ist unbestritten, dass Obst eine Menge wertvoller Nährstoffe enthält, die für den menschlichen Körper wertvoll und wichtig sind. In besonderem Maße gilt das, wenn das Obst aus regionalem Anbau stammt, da es dann nicht unreif und damit nährstoffärmer geerntet wurde. Es ist also nicht falsch, dass Obst ein Bestandteil gesunder Ernährung sein kann und auch seine Berechtigung bei einer Low Carb High Fat Ernährung hat.
Dass Obst jedoch grundsätzlich gesund ist, ist immer noch in den Köpfen vieler Menschen verankert, egal in welchen Mengen es verzehrt wird. Dass Obst so eine breite Akzeptanz als uneingeschränkt gesundes Nahrungsmittel besitzt, liegt auch an der Verbreitung von Detox-Saftkuren, der neuen Smoothiekultur und Quetschies für Kinder.
Doch warum sollte man überhaupt darauf achten, wie viel Obst man isst?
Der Grund ist, dass auch Obst eine ganze Menge Zucker enthält – je nach Sorte. Dieser Zucker besteht hauptsächlich aus Fructose, also Fruchtzucker. In geringeren Mengen ist jedoch auch Glucose enthalten, der Zucker, der unseren Blutzuckerspiegel beeinflusst und bei kohlenhydratempfindlichen Menschen zu Beschwerden führen kann.
Fructose hat eine etwa zweieinhalbmal so starke Süßkraft wie Glucose und sorgt bei Ananas, Bananen, Feigen, Datteln und Melone für den herrlich süßen Geschmack.
Fructose und Glucose: Unterschiedliche Verstoffwechslung in unserem Körper
Wir verwerten Fructose und Glucose unterschiedlich. Glucose kann, wie bereits erwähnt, den Blutzuckerspiegel anheben und dadurch das Hormon Insulin auf den Plan locken, das die Aufgabe hat den Blutzuckerspiegel wieder zu senken. Das tut es, indem es die Glucose aus dem Blut in die Zellen verräumt, den Blutzuckerspiegel also senkt.
Fructose jedoch wird von den Körperzellen nicht gut aufgenommen und unser Körper hat quasi keine Verwendung dafür. Während Glucose zur Energiegewinnung herangezogen werden kann, sind 80-90% der Fructose, die wir essen, für unseren Körper völlig nutzlos.
So gelangt die Fructose über unser Blut direkt zur Leber, dem Entgiftungsorgan, wo sie verwertet werden soll. Wer nun große Mengen Obst isst, wie es beispielsweise beim Trinken von Säften, Smoothies oder Trockenfrüchten der Fall ist, riskiert auf Dauer seine Gesundheit. So können bereits Mengen ab 50 g Fruchtzucker täglich Ihrer Leber schaden (Quelle: http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/gesundessen/von-wegen-gesund-obstluege-warum-obst-nicht-besser-ist-als-schokolade-und-alkohol_id_6657563.html)
50 g Fruchtzucker kommen gar nicht so schwer zusammen. 10 kleine Äpfel, zwei kleine Ananas oder fünf Bananen enthalten bereits diese gesundheitsgefährdende Menge – die man schnell erreicht, wenn man viele Säfte oder Smoothies trinkt.
Aber warum schaden große Mengen Fructose?
Wenn die Fructose zur Leber gelangt, entscheidet diese, den Fruchtzucker einzulagern – dies tut sie, indem sie sie vereinfacht gesagt in Fett umwandelt. Die Leber verfettet sich also selbst, um Fruchtzucker zu neutralisieren. Auf längere Sicht kann so die sogenannte nicht-alkoholische Fettleber entstehen, eine Zivilisationskrankheit, die mehr und mehr Menschen betrifft – und auch immer mehr Kinder.
Hinzu kommt, dass Fructose für eine vermehrte Harnsäurebildung sorgt, was ein Risikofaktor für Gicht ist. Auch sorgt sie dafür, dass das Hormon Leptin nur noch eingeschränkt wirken kann. Leptin ist u. a. dafür zuständig, dass wir ein gesundes Sättigungsempfinden haben und uns nicht überessen. Bei übergewichtigen Menschen liegt oft eine Leptinresistenz vor – ihr natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl stimmt damit nicht mehr.
Wer also viele Säfte und Smoothies trinkt sorgt auch dafür, dass er zunehmend sein Gespür für Sättigung verliert. Zudem erfolgt zwar durch das Volumen des Getränks eine kurzfristige Sättigung, doch diese hält nicht lange an.
Auch für Diabetiker ist eine Fettleber ein echtes Risiko, denn eine ausgeprägte Fettleber ist insulinresistent. Sie spricht also nicht mehr darauf an, wenn der Blutzuckerspiegel zu hoch gestiegen ist und das Insulin eigentlich fein austariert werden müsste, um den Blutzuckerspiegel zu senken.
Das Insulin kann der Leber nicht mehr ausreichend mitteilen, wie viel Glucose sie ins Blut abgeben soll, um einen stabilen Blutzucker zu gewährleisten und die insulinresistente Leber gibt zu viel Glucose ins Blut ab, was die Insulinresistenz noch weiter verstärkt.
Besondere Vorsicht bei Smoothies und Säften
Smoothies oder Smoothiebowles sind kein ganz ungefährlicher Trend, gerade bei unserer überzuckerten westlichen Ernährungsweise. So enhält ein handelsüblicher Smoothie beispielsweise auf 250 ml einen Apfel, eine halbe Banane, eine halbe Orange, 25 schwarze und 13 rote Johannisbeeren, 17 Heidelbeeren, 8 Himbeeren, 7 Brombeeren und etwas Granatapfel (Quelle: http://www.true-fruits.com/purple.html)
Grob überschlagen ergibt das pro Fläschchen um die 20-25 g Fructose. Man muss also nur zwei bis zweieinhalb dieser angeblich so gesunden Smoothies trinken, um Gefahr zu laufen, eine Fettleber zu entwickeln. Wer also morgens und abends je einen viertel Liter Smoothie trinkt und dann vielleicht noch normales Obst isst, kommt schnell an diese Grenze.
Doch auch Marmelade, Trockenfrüchte und Sirup haben eine ganze Menge Fructose. Getrocknete Aprikosen enthalten beispielsweise mehr als 16 g Fructose auf 100 g.
Isoglucose, eine Abart der Fructose
Komplett vermeiden sollte man alle Lebensmittel, die die sogenannte Isoglucose enthalten. Dies ist ein hochraffinierter Zuckersirup, der meist aus Mais gewonnen wird und industriell sehr stark verarbeitet ist. Er hat eine extrem hohe Süßkraft und ist für die Industrie günstig zu produzieren. Seit Oktober 2017 lockerte die EU die Bestimmungen zu seiner Verwendung und der Kennzeichnung auf Lebensmitteln, weshalb der sog. High Fructose Corn Sirup aus den USA auch hier auf dem Vormarsch ist.
Synonyme, auf die Sie beim Einkauf von Fertigprodukten achten sollten, sind „Glucose-Fructose-Sirup“, „Maissirup“, „Maiszucker“ oder „Stärkezucker“. Wenn eine dieser Bezeichnungen enthalten ist, sollten Sie das Produkt nicht kaufen. Beachten Sie, dass Isoglucose nicht nur süßen Lebensmitteln beigesetzt wird sondern auch in Brot, Fertigsoßen oder Wurst enthalten sein kann.
Dieser hochkonzentrierte Fruchtzucker ist für Ihre Leber besonders gefährlich.
Beeinflussung des Blutzuckerspiegels durch Glucose im Obst
Wie schon erwähnt enthält Obst nicht nur Fructose, sondern auch Glucose. Bei kohlenhydratempfindlichen Menschen kann der Blutzuckerspiegel durch das Verzehren auch von zuckerärmeren Obstsorten so beeinflusst werden, dass diese Beschwerden bekommen und Symptome bemerken.
Wer sehr empfindlich ist, sollte Obst auf nüchternen Magen tunlichst vermeiden. Besonders viel Glucose enthalten ebenfalls Säfte, Smoothies und getrocknete Früchte. Granatäpfel, Weintrauben, Kirschen, Litchis, Bananen und Kiwis sind am glucosereichsten.
Alle Menschen, die stark auf Kohlenhydrate reagieren, wie kohlenhydratempfindliche Migräniker, Diabetiker oder Menschen mit Reizdarm, sollten lieber zuckerarme Sorten Obst essen. Hierzu zählen vor allem Beeren oder Cantaloup-Melone.
Auf jeden Fall sollte immer lieber frisches Obst verzehrt werden, keine Säfte oder Smoothies. Denn dort muss der Körper quasi keine Aufspaltungsarbeit mehr leisten, die Glucose kann nahezu ungehindert den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Frisches Obst dagegen enthält Ballaststoffe, die dies verzögern.
Am besten verträglich ist bei Kohlenhydratunverträglichkeit Obst in Verbindung mit Fett, also Mascarpone, Schlagsahne etc. Denn das Fett umschließt den enthaltenen Zucker, der Körper muss stärker verdauen und erst einmal die Glucose aufwendiger freilegen – der Blutzuckerspiegel steigt deutlich langsamer an.
Und das Fazit?
Auch Menschen, die empfindlich auf Kohlenhydrate reagieren, können Obst in ihren Speiseplan einbauen ohne in Panik zu verfallen, jedoch müssen sie sich gut beobachten und sollten lieber geringe Mengen zuckerarme Sorten essen und niemals auf nüchternen Magen.
Wichtig ist es, auf alle Formen von komprimiertem Obst zu verzichten, also auf Smoothies, Säfte oder Sirup. Bei ketogener Ernährung sollten stark glukosehaltige Obststorten generell vermieden werden, Diabetiker müssen den Fruktosegehalt des Obstes aber genauso im Blick behalten.
Der Low Carb – LCHF Kongress
Sie möchten sich mit Gleichgesinnten austauschen? Dann empfehlen wir Ihnen den Low Carb – LCHF Kongress. Hier geht es zum Trailer und zu vielen weiteren Informationen.
Lesen Sie auch gerne diesen Artikel zum Kongress.
www.LCHF-Deutschland.de und https://low-carb-lchf-kongress.de/
Bildrechte: Pixabay, Fotolia, Ulrike Pichl
T 21. November 2017
Falsche Erklärung
Leber und Bauchspeicheldrüse werden verwechselt!
Margret Ache 21. November 2017
Vielen Dank, wir leiten die Information an die Autorin weiter.
Herzliche Grüße